.............Im Januar, damals stationiert in Cusco, raffte ich mich dann auf. Endlich schrieb ich das lang geplante Lawinen-Email. Ein Mail, in dem ich meinen Traum der Rückreise per Segelboot preis gab und um Hilfe zur Realisierung jener bat. An alle deutschen und österreichischen Yachtclubs und an einschlägige Mitseglerbörsen die ich im Netz finden konnte, richtete ich dieses Mail. Wollte die Anfrage aus Faulheit zuerst im deutschen Sprachraum starten, nicht zu letzt da mir nautisches Vokabular im Englischen völlig fremd ist. Es war eigentlich nur eine Anfrage um Weiterhilfe, ob man wisse an welchem Ort, zu welcher Zeit ich die besten Chancen hätte. Kurz gab ich darin meine Fähigkeiten und Erfahrungen wieder, die ich für wichtig erachtete in einem solchen Belangen: Skipper-Erfahrung jedoch nur in der Adria, Jugendtraum, Körperlich fit, ausdauernd zumindest was manchen Berg betrifft, anpassungsfähig, Hilfssanitäter, technisch und handwerklich begabt, Elektronikkenntnisse, ...
Völlig unerwartet meldeten sich innerhalb weniger Tage vier Leute, die mich mitgenommen hätten, ganz abgesehen von den freundlichen Mails die gute Ratschläge gaben. Drei der Antworten verrechneten so an die tausend Euro für das Mitsegeln von der Karibik nach Europa. Es waren Charteryachten, die in der Zeit von März und April für die anfangende Chartersaison ins Mittelmeer überstellt werden mussten. Um meinen Traum zu erfüllen hätte ich diesen Preis auch bezahlt, wäre da nicht Timm gewesen. Ich weiß nicht wie er auf mich aufmerksam wurde, direkt angeschrieben hatte ich ihn ja nicht, wahrscheinlich sah er meine Anzeige in den Koje-gegen-Hand Seglerseiten. Jedenfalls war sein Angebot haushoch überragend, alles war in meinem Sinne. Nur die während der Überfahrt von mir verbrauchten Konsumgüter wollte er mir verrechnen und die halten sich draußen am Atlantik stark in Grenzen: Nahrung, den wenigen Diesel den man beim seltenen Motoren braucht und die Benützungsgebühren des Satellitentelefons. Auch löste er mein Problem in der teuren Karibik zu überleben. Wie selbstverständlich bot er mir sofort an, auch schon vor dem Auslaufen an Bord leben zu können. Die Segelyacht, die er voriges Jahr erwarb und die es nach Europa zu überstellen galt, sagte mir jedenfalls sofort zu. Sicher, sie war schon über zwanzig Jahre alt, nach Timms Aussage aber letzten Jahres generalüberholt worden und vor allem erkannte sogar ich, dass diese Selbstbau-Stahlyacht des Typs Super Secura vom deutschen Konstrukteur Reinke die definitive Fahrtenyacht ist. Dass sie also absolut für lange Fahrten auf hoher See gebaut wurde und nicht wie die meisten der heutigen Plastikbomber zum Wochenend- oder Urlaubssegeln bei Sonnenschein. Eine Yacht, wie sie mein Lehrmeister und Freund Wolfi geliebt hätte, gebaut für den Alltag auf See, bestückt mit einfachen robusten Systemen, die leicht mit Bordmitteln repariert werden können. Als Zusatzbonus noch mit allen wichtigen modernen nautischen Instrumenten ausgerüstet. Obwohl Timm in seinen Mails mit seinen Worten sparsam umging, schien er mir sympathisch. Seine Webpage konnte dies nur bestätigen. Dass er praktizierender Arzt sei konnte auch kein Fehler auf hoher See sein, wenn der Umstand dass er Doktor der Sexualmedizin ist, vielleicht auch problematisch gewertet werden konnte.Nach einer Woche Email-Korrespondenz in der ich versuchte mich selbst in ein gutes Licht zu rücken, schien auch er trotz all der Entfernung überzeugt von mir. Kurzerhand sagte er mir zu. Yippy, ich war angeheuert. Es wäre gelogen zu schreiben, dass ich nie Zweifel hegte. Obwohl die Erfahrung zeigt, dass Deutsche meist ihr Wort halten, war mir fast zu oft bewusst, dass selbst bei beidseitig gutem Willen relativ leicht unvorhergesehene Dinge die Aktion ins Nichts drängen konnten. In zwei Monaten, also Mitte März, war jedenfalls mein Rückflugsdatum von Quito nach Wien. Bis zu einem halben Jahr war es mir erlaubt gegen hundert Dollar dieses Ticket zu verlängern, in meinem Fall also Ende April. Timm setzte den ungefähren Start der Atlantiküberquerung mit Anfang Mai an. Von der karibischen Insel Martinique, eine der französischen Inseln, sollte das Abenteuer beginnen. Dort war das Schifflein, die Tho Chica Verde auch schon vor Anker und wartete auf uns. Um mir eine Fluchttür offen zu halten, wollte ich meinen Rückflug auch auf die volle Länge, sprich insgesamt auf ein halbes Jahr, verlängern. Dazu kam es aber schlussendlich nie, da ich dazu rechtzeitig in einer Stadt mit Iberia-Vertretung hätte sein müssen. In La Paz gab es eine solche nicht und Buenos Aires ließ noch lange auf sich warten.
Anfang Mai also. Das änderte doch ein wenig meine Pläne. Also noch einmal mindestens eineinhalb Monate länger bis zur Abreise und bis ich Wien sehen sollte wahrscheinlich drei bis vier Monate länger, je nach Wind. Also direkt zurück in den europäischen Sommer. Mit dem Geld müsste ich durchkommen, wenn ich mich auch zu mehr Sparsamkeit zwingen sollte. Den Hauptteil der Mehrkosten würde wahrscheinlich die Anreise in die Karibik ausmachen, zum geringeren Teil wahrscheinlich das hochseetaugliche Ölzeug und die Segelstiefeln, die ich trotz der vorhandenen Ausrüstung daheim erstehen musste. Wie ich in die Karibik komme war mir zu diesem Zeitpunkt noch nicht wirklich klar und stellte sich auch später als schwieriges Unterfangen heraus. Zuerst dachte ich daran, nach Bolivien und Argentinien wieder per Bus nach Quito zurückzureisen, um auf den Weg noch die wenig gesehene Küste und ihre Sehenswürdigkeiten abzuklappern. Von Quito, das wusste ich, gab es billige Flüge nach Caracas (Venezuela). Den Landweg über Kolumbien wollte ich mir nicht zumuten. Von Caracas wollte ich dann langsam, sei es per Schiff über Trinidad, Granada, St. Vincent und St. Lucia auf die Insel Martinique gelangen. Von Peru aus konnte ich das schwerlich organisieren bzw. die Durchführbarkeit eines solchen Unternehmens schwer abschätzen, lages doch weit weg von normalen Reiseplänen anderer Gringos. Mit der Zeit verzögerten sich auch immer mehr meine Reiseetappen. Mehr noch entfaltete sich in mir eine Art Reisemüdigkeit, fühlte ich den Drang irgendwo länger sesshaft werden zu wollen. Nach all dem Gehörten entschied ich mich für Buenos Aires, dort wollte ich meinen letzten Monat verbringen. In Buenos Aires gibt es die nötige Infrastruktur, konnte ich also das für die Transatlantiktour Nötige billig kaufen: Segelbekleidung, Batterien für den Discman und englische Bücher. Von dort wollte ich ohne Stress mit stark gewachsenem Rucksack direkt auf die karibische Insel fliegen, in der unser Schifflein vor Anker lag. Im Nachhinein gesehen wäre es wahrscheinlich das Vernünftigste gewesen, die anstrengende Busreise durch Brasilien zu wagen, um noch ein wenig dieses wunderbare Land zu erforschen. Im Norden Brasiliens hätte ich wahrscheinlich Schiffe in die Karibik gefunden und wenn nicht, mit Sicherheit einen Flug von Französisch Guyana in die französischen Antillen bekommen. Leider war mir diese Möglichkeit mit der French Connection damals nicht bewusst. Nach drei Tage langem Suchen und Organisieren musste ich das immer noch sehr teure Flugticket von Buenos Aires über Miami in Kauf nehmen. Kurz hatte ich den grotesken Gedanken meinen Rückflug von Quito nach Madrid doch noch wahrzunehmen, um im Anschluss daran von Paris in die französische Karibik zu fliegen. Wäre ich nicht an Quito als Abflugsort und an die wahrscheinlich schon unmögliche Terminverschiebung gebunden gewesen, wäre diese Variante billiger gewesen. Also zwei Mal Transatlantik per Flugzeug für einmal Transatlantik-Segeln.
Von der Sicherheit des Unterfangens fühlte ich mich auch immer überzeugter. Zuerst hieß es der Eigner, also Timm, würde, falls er keinen weiteren finden würde, selbst mit mir alleine die Überquerung angehen. Zweimal hatte er schon den Atlantik überquert und schien auch sonst ein erfahrener Segler. Irgendwann schrieb er mir von der neuen Konstellation. Der vorige Besitzer und Erbauer der Yacht wolle selbst zusammen mit seiner Tochter mitkommen. Er wäre Kapitän bis zu den Azoren wo Timm dann zu uns stoßen wolle. So müsse er nicht so lange seine Ordination im Stich lassen. Ab diesem Zeitpunkt sah ich mich überhaupt in sicheren Händen. Heinz hatte die Tho Chica Verde beginnend in meinem Geburtsjahr gebaut und war danach 25 Jahre mit ihr unterwegs. Er musste dieses Segelboot in und auswendig kennen. Dass Sabine seine Tochter praktisch auf dieser Yacht aufgewachsen war und dass sie im Charterbereich Skipperin war, wusste ich damals noch nicht, damals hieß es nur sie sei eine erfahrene Seglerin.
Nach dem nun jegliche lebensbedrohlichen Restrisiken beseitigt waren, die bei monatelangen Hochseetörns mit wildfremden Menschen gelegentlich auftreten, konnte ich mich endlich auf das Segelabenteuer freuen, ohne mir weiters um die zukünftigen sozialen Abhängigkeiten an Bord den Kopf zerbrechen zu müssen.
Auszug
aus dem Deutschen Seemannsgesetz (26.7.1957)
§ 2: Kapitän ist der vom Reeder/Eigner bestellte Führer des Schiffes
§ 106: Stellung des Kapitäns:
1.) Der Kapitän ist der Vorgesetzte aller Besatzungsmitglieder und der sonst an Bord tätigen Personen. Ihm steht oberste Anordnungsbefugnis zu.
2.) Der Kapitän hat für die Erhaltung der Ordnung und Sicherheit an Bord zu sorgen und ist im Rahmen der nachfolgenden Vorschriften und der sonst geltenden Gesetze berechtigt, die dazu notwendigen Maßnahmen zu treffen.
3.) Droht Menschen oder dem Schiff unmittelbare Gefahr, so kann der Kapitän die zur Abwendung der Gefahr gegebenen Anordnungen notfalls mit den erforderlichen Zwangsmitteln durchsetzen; die vorübergehende Festnahme ist zulässig.
4.) Die Anwendung körperlicher Gewalt oder die vorübergehende Festnahme sind nur zulässig, wenn andere Mittel von vornherein unzulänglich erscheinen oder sich als unzulänglich erwiesen haben.
5.) Der Kapitän hat Maßnahmen nach den Absätzen 3 und 4 unter Darstellung des Sachverhaltes in das Schiffstagebuch einzutragen.
Auszug
aus den Yachtgebräuchen (1958)
Jeder Segler, der als Gast die Fahrt einer Yacht mitmacht, setze seinen Ehrgeiz darein, ein sportlich vollwertiges Mitglied der Besatzung zu sein. Er muss nicht nur gelegentlich, sondern rollenmäßig, d.h. fest eingeteilt, an der Bedienung des Bootes teilnehmen, muss sich vollkommen der Borddisziplin unterordnen und muss sich als Teil der Mannschaft mitverantwortlich fühlen dafür, dass das Aussehen und die Handhabung des Bootes zu jeder Zeit tadellos sind. Er muss es aber vermeiden, in die Führung der Yacht irgendwie hineinzureden oder von sich aus Anweisungen zu geben. Die Befehlsgewalt hat allein der Eigner oder der von ihm mit der Schiffsführung Beauftragte.
Meine Rucksäcke habe ich schon gestern gepackt, in einer halben Stunde muss ich mich auf den Weg begeben. Glücklicherweise hat mir der Israeli noch seinen zweiten Rucksack vererbt, lediglich eine Seite des Reißverschlusses ist funktionsunfähig und schon empfand er ihn als unnütz. Mir kam er zur rechten Zeit, ersparte den Kauf einer Reisetasche. Sein Rucksack ist nun gefüllt mit meinen leichten Besitztümern.Mein lieb gewonnener Tramperrucksack hingegen ist gefüllt mit den Büchern und der Seglerbekleidung. Ich hoffe er übersteht auch diese Strapazen. Über 50 Kilo haben die beiden Rucksäcke zusammen, wie die Eincheckwaage am Flughafen später zeigen wird. Hoch lebe Amerika, zwei Gepäcksstücke zu je 32 Kilo sind für Flüge nach und von Amerika normaler Weise vorgesehen, wahrscheinlich alte Einwanderertradition. Klar ist mir auch, dass ich trotz der Mukibuden-Besuche der letzten Woche wenig Chance habe mit dieser Last sehr mobil zu sein. Eine der Gründe weshalb ich direkt von Buenos Aires nach Martinque gebeamt werden wollte. Mein Gepäck scheint sich in Buenos Aires mehr als verdoppelt zu haben. Den Hauptteil bilden wie gesagt Bücher aus Angst vor der Langeweile auf hoher See.
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Ein positives Erlebnis meiner kurzen USA-Reise möchte ich an diesem Punkt nicht verschwiegen wissen. Trotz all ihrer Regeln konnte man ohne Schwierigkeiten am Flughafen im Wartebereich schlafen. Nach dem es mir andere Leidensgenossen vormachten, wagte ich es sogar, wie sie, mich am äußerst sauberen Boden zur Ruhe zu legen. Abgesehen davon, dass unser Flughafen Schwechat zugesperrt wird, wäre das daheim nicht möglich. Nach der zweiten Nacht am Flughafen geht es wieder südwärts. Kurze Zwischenlandungen in den Hauptstädten der karibischen Inseln Haiti und Guadeloupe und schon finde ich mich nach sechs Stunden in Fort-de-France auf Martinique wieder. Was mache ich, wenn mich doch keiner abholt? Hoffentlich hat Timm mein Ankunftsdatum verstanden, kurz nur war die Verbindung von Buenos Aires auf sein Satellitentelefon geglückt. Die kurze Panik zeigt sich bald als unbegründet. Am Flughafen holt mich Rieke, Timms Lebensgefährtin, mit einem “Claus Cernoch“ Schild haltend, ab. Rieke ist mir sofort sympathisch. Durch ihre junge frische Art wirkt sie viel jünger als 47 Jahre. Sie ist sehr geschwätzig und macht auf mich schon von Beginn an den Eindruck weltoffen, alternativ und locker zu sein, befreit von Gesellschaftszwängen. Erleichtert lasse ich das Weitere auf mich zukommen. Rieke hat um mich abzuholen einen Mietwagen organisiert und fährt mich etwa zwanzig Kilometer südlicher in die Bucht von Marin, in welcher das gute Schiff steht. In der Mango Bar gönnen wir uns ein Bier, um auf eine Wassermitfahrgelegenheit zu warten. Diese erscheint auch bald in Form von Kaktus. Kaktus ist Landsmann und liegt schon seit Jahren mit seiner selbstgebauten Segelyacht in jener Bucht vor Anker. Seinen Begrenzer Dialekt hat er während seiner Dauerweltreise freilich fast verloren, dennoch macht er Österreich durch seine gemütliche, bärige, entspannte Art alle Ehre. Jetzt wurde er sesshaft, heiratete Marianne, eine Deutsche, welche das Segeln am offenen Meer nicht so braucht. So leben sie ohne eigentliche Fixkosten gemeinsam auf seinem Segelschiffchen. Nach dem sich Kaktus und andere deutschsprachige Gestalten der Fahrtenseglerszene in heiterer Runde zu uns gesellen, werden wir samt Gepäck nach kurzem Plausch von Kaktus in seinem Dinghy[1] zur THO Chica Verde gebracht. Dort lerne ich dann endlich Timm und Heinz kennen. Heinz bastelt gerade an der Windsteueranlage herum, die uns sicher über den Atlantik steuern soll, Timm assistiert ihm. Anfangs gebe ich mich noch unsicher in Wort und Tat. Mit den Tagen gewöhne ich mich allerdings und weiß mich langsam auch schon Timms direkten, aber scheinbar unmotivierten Angriffen halbwegs zu wehren, die ich zu diesem Zeitpunkt als reine Prüfung an mich seinerseits auffasse. Dennoch ist Timm mir sehr sympathisch, trägt wie Heinz einen Seebärenbart und wirkt ruhig, überlegt, wenn auch ein wenig distanziert. Er spricht leise, aber deutlich und in jedem seiner Worte scheint Sinn zu liegen und manchmal sarkastischer Humor. Er hat dieses Schiff voriges Jahr von Heinz gekauft und ließ einiges erneuern oder restaurieren. Er hat vor in wenigen Jahren auszusteigen, seine Ordination für Sexualpsychologie aufzugeben, um seinen Traum zu verwirklichen zusammen mit Rieke. Mit seinen 51 Jahren schaut er noch unglaublich jugendlich aus, so auch Heinz, in dessen Hände ich mein Schicksal für die Atlantiküberquerung gebe, ohne jegliche Bedenken wie ich bald erkenne. Seine Tochter Sabine kommt einen Tag nach mir an. Jetzt bin ich mir komplett sicher, einer relaxten Atlantiküberquerung steht nichts mehr im Wege. Um mich nicht unnötig langweilig zu wiederholen lasse ich mein damaliges Email sprechen:
E-Mail: „Der große Teich wartet“ (Geschrieben am 4.5. auf Martinique)
Liebe Leute, liebe Landratten!
Hätte ich nur den Anflug von Chance, das hier erlebte und erfühlte in Worte zu fassen. Alles erscheint unfassbar, die Aufnahme des Erlebten wie im Traum. Ein Traum, den man nie geglaubt hat durchleben zu dürfen. Schon alleine die letzen Wochen waren vielfach zu unrealistisch, um sie kurzfristig verarbeiten zu können. Buenos Aires und das Lebensgefühl, welches ich dort aufgesogen hatte, die Menschen, all die Gespräche wären Grund genug in unverarbeitete Welten zu entschwinden.
Aber dessen nicht genug. Kaum hält man eine Steigerung für möglich findet man sich auf einer Segelyacht in der Karibik wieder. Und hier sitze ich nun hinter einem Laptop am Navigationsplatz und schreibe euch. Seit einer Woche lebe ich nun schon auf diesem Schiff. Zurzeit noch vor Anker, in einer unter Segler weltweit bekannten Bucht. Einer Bucht im Südosten von Martinique mit dem Namen Marin. Einer Bucht, wo Fahrtensegler und Weltumsegler durch ihre Lage Schutz vor Hurrikans suchen. Einmal fuhren wir bereits aus zum Segeln, um die mechanische, windgetriebene Selbststeueranlage zu testen. Ein Phänomen für sich. Durch Windkraft wird eine hölzerne Windfahne ausgerichtet, welche wiederum ein kleines „Nebenruder“ auslenkt. Dieses hinterm Heck ins Wasser geführte Ruderblatt ist pendelartig aufgehängt, d.h. die Ruderachse kann bis zu einem gewissen Grad nach Backbord und Steuerbord ausschwenken. Und genau das tut sie auch abhängig von der Stellung des Ruderblattes, wenn jenes von der Fahrt durchs Wasser angeströmt wird. Eine Abweichung des Schiffes vom Sollkurs[2] wirkt sich somit auf ein Kippen der Windfahne aus, die wiederum ein kräftiges Ausschwenken des Pendelruders bewirkt. Schließlich muss nur noch die Auslenkungskraft des Pendelruders mit Seilzügen auf das Steuerrad übertragen werden, um so die Kursabweichung auszugleichen. Dieses System ersetzt somit den Steuermann und wird unser Schifflein auf Kurs halten. Es wird uns vom lästigen Rudergehen auf den über 3000 Seemeilen nach Europa befreien, in Konkurrenz zu Oscar, dem elektrischen Autopiloten, der als Zusatzselbststeuerung bis auf weiteres montiert bleibt.
Obwohl wir noch vor Anker liegen, war ich schon seit vier Tagen nicht mehr auf Land. Das Dinghy dient als Verbindung zum Land, aber meist nur zum Frühstückkauf. Die Bucht ist vielen Seglern hier Heimat geworden. Viele Leute sind hier gestrandet. Einst vom Traum der Weltumsegelung getrieben, endeten sie in dieser Bucht vor Anker, um einem entspannteren Leben zu frönen. Das soll aber nicht heißen, dass sie nichts zu arbeiten hätten. Die Segler hier leben wie in einer großen Familie. Andauernd gibt es Reparaturen und Problemstellungen. Man hilft sich gegenseitig in Rat und Tat.
Obwohl ich erst die Endphase der Vorbereitungen zu dieser Atlantiküberquerung mitbekommen habe, gab es immer etwas zu tun. Sei es dass eine Navigationssoftware installiert werden musste, der Empfang von Wetterdaten über Kurzwelle ermöglicht wurde, ein zweites Vorstag ganz oben am Masten befestigt wurde, dass Sachen gebohrt und verschraubt werden, dass neue Elektronik eingebaut wurde, ... ich habe keine Ahnung wie ich Euch das Leben auf einem solchen Boot vermitteln soll. Ganz abgesehen von dem Leben auf hoher See, welches ich derzeit nur erahnen kann.
Ich versuche es von dieser Seite: Das Leben auf einem solchen Gefährt, auch wenn es nicht einmal zwölf Meter lang ist, ist ein Leben in einer anderen Welt. Einer abgeschlossenen Welt vor allem. Vollkommen autonom und autark, ein eigner Staat wenn man will. Ein Staat aber der keinen Kontakt zur Außenwelt hat. Um diesen Staat zu erhalten braucht es vom Prinzip her alle Handfertigkeiten und alles Wissen, die auch in einem richtigen Staat von Nöten sind um das Überleben seiner Bewohner sicherzustellen. Das heißt es gilt Nahrung, Wasser, Energiehaushalt, medizinische Versorgung sicherzustellen. Dazu kommen Fertigkeiten zur Reparatur von mechanischen Dingen wie Motoren, Windsteueranlagen, Seilzügen als auch von elektrischen und elektronischen Systemen wie Funkgeräten, Radar, Echolot, GPS, ... Abgesehen davon, dass im Lebensraum Fahrtensegeln Leute, die teils Maschinist, Koch, Arzt, Elektrotechniker, Tischler, Informatiker usw. in einer Person vereinen gefragt sind, gilt es auch noch erfahren in nautischen Belangen zu sein. Dies wiederum beinhaltet unendlich mannigfaltige Aufgaben. Sei es eine Einfahrt gespickt mit Riffen zu finden, die Gestirne zu erkennen um Astronavigation betreiben zu können, Wetterkarten zu deuten, Entscheidungen zu treffen die das Leben der Mannschaft sichern, Kraft und Geschick zu haben, um zum Beispiel die Segel zu reffen, bei 45 Grad Schräglage und meterhohen Wellengang. All das beherrscht mein Kapitän. Mein Kapitän heißt Heinz. Heinz ist 66 Jahre alt. Seit 25 Jahren ist er mit dieser Stahlyacht unterwegs. Zuvor baute er dieses Schiff eigenhändig in mühseliger Kleinarbeit zusammen. Fünf Jahre brauchte er etwa für dieses Unternehmen neben seiner normalen Arbeit. Unglaublich bei welchen Kräften dieser Mann noch heute ist. Auch seine großväterliche Ausstrahlung hilft nicht ihn seines Alters richtig zu schätzen. Äußerlich wirkt er um viele Jahre jünger scheint noch alle Lebensenergie in sich zu vereinen.
Ich kann nicht glauben was für ein Glück ich habe. Bei „Segeln“ werdet ihr wahrscheinlich an diese Luxusbeschäftigung von reichen Leuten denken. Hier muss ich einlenken - zu verstehen geben, wie gespalten die Lager sind. Gespalten in mindestens drei Gruppierungen, den versnobbten Yachties, den Regattaseglern und den Fahrtenseglern. Von welchen nur die letzten beiden verdienen als Segler bezeichnet zu werden. Das Regattasegeln wiederum gleicht einer Materialschlacht und ist vergleichbar vielleicht mit dem Motorsport in der Autowelt, mit ihrer Krönung der Formel eins, während man das Fahrtenseglern mehr als eigene Lebensphilosophie betrachten kann, vergleichbar vielleicht mit Leuten die mit geländegängigen Wohnmobilen durch die weite Welt reisen, inklusive Wüsten. Dieses Schiff hier kennt keinen Luxus. Es ist keines dieser schneeweißen Luxusplastikschiffe. Es ist ein Schiffchen, auf dem jeder Zentimeter seine Berechtigung und seine praktische Bedeutung hat. Mehr noch ist es ein Haus, eine Heimat. Es ist das Ergebnis jahrelanger Erfahrung, jedes Teil hat seinen Platz und ist tausende Male getestet. Faszinierend auch die Kombination der stabilen robusten Natur des Schiffes an sich, mit den neumodischen technischen Geräten aufgerüstet auf Initiative des neuen Eigners Dr. Timm Garde. Timm flog heute mit seiner Freundin Rieke nach Deutschland zurück. Er war es, der übers Internet auf meine Bewerbung aufmerksam wurde und mich anheuerte. Heute flog er also zurück und wird erst wieder auf den Azoren zu uns stoßen. Durch ihn ist dieses ehrenwerte Schiff am letzten Stand der Technik. Wir haben drei Funkgeräte, davon ein professionelles, welches normaler Weise in der Berufsschifffahrt verwendet wird, Radar, Satellitentelefon (worüber ich vorhabe euch wöchentlich E-Mails zu schreiben und von welchem wir auch Wetterkarten vom Netz ziehen können), EBirp-Boje (wird bei Schiffsbruch von Satelliten empfangen), Nachtsichtgerät, Rettungsinsel, Tinker-Beiboot, Laptop mit professioneller nautischer Software, automatischer Notruf per Knopfdruck über Kurzwelle und Grenzwelle welcher die GPS Position des sinkenden Schiffes übermittelt. Jedenfalls gibt es viel zu tun, noch einzubauen und langweilig wird uns sicher nicht. Fast scheint es, dass all die Bücher die ich in Buenos Aires noch organisiert habe unnötig sind. Soviel gibt es zu lernen, den Umgang mit dem Sextanten, den Umgang mit Kurzwellenfunkgeräten, die Berechnung von Strom und Tide, Kochen lernen, die Einsteuerung in den fast schon tödlich verkehrsreichen Ärmelkanal und in die Nordsee, Fischen, der Umgang mit der Harpune, ....
Was kann ich sagen. Ich habe unglaubliches Glück. Ich sehe andere Mannschaften und merke, wie leicht man in eine anstrengende ja vernichtende Atmosphäre kommen kann. Mit Heinz und Sabine scheint alles relaxt. Sabine ist die Tochter von Heinz. Sie ist auf diesem Schiff groß geworden, kennt es von Kind auf, ist ein Yachtkind, zum Großteil aufgewachsen am Mittelmeer, sei es in der Ägäis oder auf Korsika. Beide haben eine unglaubliche Gabe ihr seemännisches Wissen verständlich weiterzugeben. Zum Beispiel halfen nur fünf Minuten Erklärung von Sabine während des Ankerns mir mehr beizubringen, als ich an Ankerwissen in den letzten zehn Jahren angesammelt hatte. Sie ist auch Segellehrerin und Skipperin und gewohnt ihre nautischen Kenntnisse weiterzugeben. Was die beiden sagen ist sicher, kennt kein vielleicht, hat Hand und Fuß. Und Timm hat mir all das ermöglicht. Hat mir ermöglicht mit einem großväterlichen Segler über den großen Teich zu gehen, dessen Erfahrungen herausragend sind. Ein Buch von ihm und seinem Seglerleben wird es hoffentlich bald zu kaufen geben.
In drei bis vier Tagen stechen wir in See. Einige Sachen gilt es noch zu erledigen, sei es das Streichen des Decks, das Befreien des Unterwasserschiffes von Muscheln und Algen mit Flossen und Schnorchel oder auch das Bunkern von Proviant und Trinkwasser. Gestern hatten wir über den Toppen geflaggt. Das heißt, alle Flaggen in deren Länder das Schiff war werden in einer Reihe am Vorstag[3] gesetzt. 30 bunte Flaggen in unserem Fall. Dieses Ritual wird bei besonderen Anlässen vollzogen. Eines davon ist das Auslaufen und Einlaufen bei einer Atlantiküberquerung. Ich bin sehr aufgeregt. Weiß aber, dass ich in sicheren Händen bin und das Segeln lieben werde. Meine einzige Angst gilt der Seekrankheit. Aber auch diesbezüglich bin ich mir sicher, dass dieser elendige Zustand nur einige Tage dauern wird und ich am Ende wahrscheinlich Schwierigkeiten haben werde mich am Land fortzubewegen - das fünf Meter Auf- und Abschaukeln vermissen werde.
Mast und Schotbruch
Matrose Claus
Vieles wurde noch vorbereitet nach dem Timm und Rieke abgeflogen waren. Noch einmal fünf Tage vergingen bis zum Auslaufen. Ein Schiff ist niemals im Fertigzustand. Immer gibt es noch Kleinigkeiten, die eigentlich noch gemacht werden könnten. Irgendwann drängten aber Sabine und ich auf Abreise, sie mehr aus terminlichen Gründen, da sie auf zwei Monate unbezahlten Urlaub limitiert war und ich aus Neugierde, als auch Sehnsucht nach der Heimat. Drei Tage vor der Abfahrt kam noch das Boot des französischen Zolles längsseits. Nicht einmal Heinz hatte in seinem jahrelangen Seglerleben jemals eine derart gründliche Kontrolle und Schiffsdurchsuchung erlebt. Ein komisches Gefühl musste Heinz schon gehabt haben. Er, der dieses Boot selbst gebaut hatte, welches ihm über all die Jahre Lebensraum war, wurde nun verdächtig dieses Schiff vielleicht gestohlen zu haben. Sein Name stimmte natürlich nicht mehr mit dem Namen des Eigners am Schiffspapier überein und Timm hatte sicherheitshalber vergessen Heinz eine Vollmacht zu schreiben. Nachdem Timm eine solche per Fax and das Zollamt schickte war die Sache geklärt und uns war es erlaubt auszuklarieren.
Heute scheint es so weit zu sein. Nach den intensiven Vorbereitungsarbeiten der letzten Woche ist die THO Chica Verde fertig zum Auslaufen. Noch ein letzter Landgang mit dem Dinghy und das Abenteuer kann beginnen. Während Heinz und Sabine frisches Gemüse und Obst vom Markt holen, welches den Vitaminbedarf der ersten Woche decken soll, begebe ich mich ein letztes Mal ins Internetcafe. Nicht zum elektronischen Briefwechsel, sondern um nach meiner Brille zu fragen, die heute morgens an Bord nicht mehr auftauchte. Aber auch im Internetcafe werde ich nicht fündig. Schade um die guten Bücher, die ich in Buenos Aires um relativ teures Geld erstanden habe. Diese werde ich nun mit Kopfweh verdauen müssen. Falls die Brille an Bord ist, wird man sie eines Tages finden. Das Schiff hat ja kein Loch, wie Heinz zu sagen pflegt.
Noch ein letztes Bier auf Festland und dann noch die drei letzten Kanister mit gestohlenem Wasser vom Chartersteg gefüllt. Das Benzin des Beibootes reicht gerade bis zum Schiff zurück. Ganz im Sinne des Kapitäns, der nichts Unnötiges an Bord wünscht. Mein einziger Wunsch: mindestens zwei Liter Trinkwasser pro Tag. Hungern werde ich sowieso, wenn ich die Portionen der letzten Tage objektiv rekapituliere. Aber auch das bedeutet Glück. Ich bin froh an einen richtigen Schwaben geraten zu sein. Mein Geld neigt sich dem Ende zu. Die Umkosten einer Atlantiküberquerung sind denen am Festland kaum zu unterbieten. Mit unserem Sparmeisterstil können selbst die karibischen Preise daran nichts ändern und ein paar Kilos meiner selbst gebe ich gerne ab.
Kurz vor Auslaufen machen wir noch eine Abschiedsrunde mit dem Dinghy, besuchen noch einmal Kaktus und anschließend das tschechische Weltumseglerpärchen. Diese schenken uns noch ein Kilo Vanilleeis, welches wir sofort genüsslich verzehren. Kühlschrank ist ab jetzt Luxus. Zu viel Strom benötigt er, als das die Energie von unseren beiden Windgeneratoren und vom Solarpanel umgesetzt werden könnte. Die elektrische Energie wird für wichtigere Dinge, wie Licht, Navigationsinstrumente, Funk und eventuell Radar benötigt.
Das vorletzte Mal Anker hoch, da wir noch vorhaben in der nächsten Bucht, namens San Ann, die letzten ausstehenden Arbeiten zu erledigen, bevor wir ohne weiteren Aufenthalt direkt in die hohe See stechen. Unsere Seglerkameraden winken uns zu und dröhnen ihr Nebelhorn zum Abschied. Durch ihre aufrichten, innigen Glückwünsche, selbst zu mir als Fremden, wird mir zum ersten Mal die Ernsthaftigkeit des Unternehmens richtig bewusst. Durch die Arbeit der letzten Woche verdrängte ich diese Gedanken schon.
Von Europa über die Kanaren und Kap Verden in die Karibik bzw. nach Amerika segelt mit Hilfe des stetigen Nordost-Passats jeder Holzpantoffel über den Atlantik, wie Heinz zu sagen pflegt. Viele der angehenden Aussteiger und Hochseesegler bleiben auch deswegen in der Karibik hängen oder verkaufen ihr Schiff dort, da sie die Überfahrt zurück nach Europa nicht wagen. Egal, mitgehangen, mitgefangen, für mich beginnt meine Hochseeerfahrung mit dieser Route. Immerhin werden wir rein von der Wetterstatistik bis zu den Azoren relativ unwahrscheinlich mit Sturm zu rechnen haben. Ein Prozent ist die Sturmwahrscheinlichkeit pro Tag für den Monat Mai, heißt es in der einschlägigen Literatur.
Dafür steht der Wind anfangs auf Grund des Nordost-Passats gegen uns, etwa jene Richtung in welcher die Azoren von Martinque aus gesehen liegen. Nur gelegentlich können wir zu Beginn damit rechnen, dass der Wind auf Ost oder vielleicht sogar auf Südost dreht. Das heißt wir werden auf Backbordbug[1] so weit nördlich segeln, bis sich die Windrichtungsverhältnisse mit Hilfe des Azorenhochs und den wechselnden Winden nördlich des etwa dreißigsten Breitengrad günstiger für eine Überfahrt nach Europa weisen. Das ist die übliche Taktik, die ein Übersetzen von West nach Ost im Nordatlantik unter Segel ermöglicht. Da die Windverhältnisse in den nördlichen Breiten keineswegs beständig sind, ist die jeweilige Strategie der jeweiligen Wettersituation anzupassen. Die Wetterkarten dazu können wir unserem Laptop füttern, in dem wir die Daten über Satellitentelefon anfordern. Außerdem verfolgen wir natürlich auch nach alter Manier die Wetterberichte auf der Kurzwelle. Diese Entscheidungen haben aber sicher noch eine Woche Zeit. Anfangs können wir sowieso nicht mehr machen, als mit Hilfe des besagten Nordost- bis Ostwind möglichst hart am Wind[2] gegen Norden zu prügeln, um unter Umständen ein wenig Höhe nach Ost zu machen. Wer weiß was am Wind bzw. hart am Wind segeln bedeutet, kann sich vielleicht ausmalen, dass dies nicht der komfortabelste Kurs für den ersten Kontakt mit der Hochsee ist. “Des Le’m is ka Urlaub“
In der Bucht von Saint Anne werden noch die Luken mit Silikon abgedichtet, was auch heißt, dass es von nun an stickiger wird in der Kajüte. Kein Öffnen der Luken ist mehr erlaubt, mit dem Vorteil, dass es hoffentlich halbwegs trocken bleibt unter Deck. Das Dinghy findet am Vorschiff Platz und wird festgezurrt. Wir haben ein Spezialbeiboot, welches angeblich auch gut als Rettungsboot taugt. Dazu befestigen wir noch das aufblasbare Schutzdach auf dieses bessere Schlauchboot und befestigen den Blasebalg im Bootsinneren, damit wir im Falle des Falles das Dach aufpumpen können – während des Segelns wäre ein solcher Aufbau dem Vorsegel im Weg. Ich knüpfe dann noch acht Wasserkanister zu je acht Liter Trinkwasser im Einmeterabstand mit einer leuchtfarbenen Sicherheitsleine zusammen. Die Kanister sind allzeit bereit im Cockpit[3] verstaut. Im Ernstfall werden dann noch zwei wasserdichte Tonnen, gefüllt mit Notproviant, Ersatzakku fürs Satellitentelefon, Schiffspapiere und Pässe, Signalraketen und Leuchtpistole, .... an die Leine geknüpft. Zusätzlich haben wir noch eine Rettungsinsel, die sich hoffentlich mit Hilfe der Gaspatrone selbst aufbläst und meiner Meinung nach das Allerwichtigste, die E-Birp. Eine Rettungsboje, die vollkommen autonom nach Umlegen eines Schalters per Funk ein Notsignal aussendet, welches per Satellit hoffentlich empfangen und geortet wird. Also immer in der Nähe von diesem Teil bleiben. Auch das mündliche Absetzen eines Notrufes mit “Mayday, Mayday, Mayday this is sailing yacht THO chica verde …“ kann theoretisch durch unser professionelles Kurzwellenfunkgerät entfallen. Per Druck eines Notschalters wird mit einem so genannten DSC-Controller der Notruf automatisch und digital kodiert per Kurzwelle ausgesandt. In diesem ist die aktuelle GPS-Position des Schiffes, so wie dessen Kennung verschlüsselt enthalten. Dass falls dieser digitale Notruf empfangen wird, die vermeintlichen Retter die Position unseres Unglückes wissen und dass sie nach einer elf meterlangen einmastigen grün-weißen Stahlyacht suchen müssen, falls diese noch schwimmt. Bleibt Zeit, kann man noch die Ursache des Notrufes von Piraterie bis Feuer an Bord dekodiert mitsenden. So weit zur Sicherheit. Mein Kapitän vertraut nicht auf diesen technischen Schnickschnack. Teilweise zu recht, meine ich. Viele technische Schmankerln funktionieren im Labor oder im Swimmingpool mit Wellengenerator, die Welt auf rauer See bei Windstärke elf ist eine andere. Eine schnell sinkende Yacht bei solchen Verhältnissen gemeinsam mit Rettungsboot, Rettungsinsel, Proviant und technischer Ausrüstung zu verlassen, muss trotz sorgsamer Vorbereitung einer sportlichen Höchstleistung gepaart mit viel Glück gleichen. Die größten Gefahren für eine Yacht auf hoher See stellen Feuer an Bord und Kollision mit schwimmenden Containern und schlafenden Walen dar und natürlich Eisbergen, wenn man sich zu weit in kältere Regionen wagt. Alle anderen Notsituationen sind dem menschlichen Versagen der Mannschaft zuzuschreiben und normalerweise vermeidbar.
Der Anker wird gelichtet, wie wir glauben zum letzten Mal vor den Azoren. Schon bald verlassen wir die Windabdeckung von Martinique und ich spüre zum ersten Mal die ungedämpfte Atlantikwelle auf einem Segelboot - zur Sicherheit gleich hart am Wind. Die befürchtete Seekrankheit stellt sich sogleich ein, wenn auch in gerade noch erträglicher Form. D.h. ich kann das Kotzen noch unterdrücken. An Unterdeckgehen, oder schlimmer noch Bücher lesen, ist noch lange nicht zu denken. Nachdem wir von den Inselausläufern frei sind, machen wir die erste Wende. Oftmals die einzig notwendige auf den 2200 Seemeilen[4] zu den Azoren. Nicht selten wird die gesamte Strecke wochenlang am Backbordbug gefahren. Durch diese Wende kommt der Zug des Mastes auf die Steuerbordseite. Dort war aber der neue Zusatzvorstag[5] auf Zug belegt. Timm hatte diesen ein paar Tage vorher am Masttop[6] angebracht um sicherheitshalber ein zweites Vorstag zu haben, falls das Erste reißen sollte. Um dem Vorsegel nicht im Weg zu sein war es auf Höhe der Wanten[7] belegt. Durch die Wende kam es schlagartig auf Zug und der Schäkel[8] mit dem es befestigt war brach. Mehr noch riss das nun freie, zweite Vorstag das Dampferlicht vom Masten. Zuerst wollte mein 66jähriger Skipper unter Fahrt und Krängung[9] in den Masten steigen, um die nun am Kabel baumelnde Lampe von jenem zu zwicken. Dann kam er aber zu der Einsicht, dass diese Lampe auf hoher See von unsagbarem Wert sein könnte, da sie auch als zusätzliches Arbeitslicht fürs Vorschiff dient, also z.B. beim Vorsegelwechsel bei Nacht fast unabkömmlich ist. D.h. nach zwei Stunden Atlantiküberquerung kehren wir um nach San Ann, wo Heinz die abgerissene Lampe wieder an den Masten nietet. Mir kommt der Vorfall nicht unrecht – noch ein letztes Mal ohne Seekrankheit schlafen.
Jetzt kann uns nichts mehr aufhalten. Nach zwei Stunden haben wir die Strecke von gestern wieder gut gemacht und am späten Nachmittag ist kein Stückchen Land mehr auszunehmen. 28 Tage sollen vergehen, ehe wir wieder Land in der Kimm sehen. Die Stadt Horta auf der Insel Faial, eine Insel der westlichen Azoren-Gruppe, ist unser nächster Wegepunkt, 2230 Seemeilen Großkreisentfernung[10] sind es bis dorthin. Alles dazwischen ist eigentlich künstlerische Freiheit unter Maßgabe der vorher angeführten Strategie.
Die ersten zehn Tage müssen wir hart am Wind segeln und machen kaum Höhe nach Osten, bewegen uns viel mehr entlang des 60.ten westlichen Breitengrad Richtung Norden um dem Passat zu entfliehen. Nach einer Winddrehung von Ost-Nordost auf Nord-Nordost, machen wir am 17. Mai unsere erste Wende und segeln somit auf Steuerbordbug und glauben wir hätten die Abzweigung nach rechts schon geschafft. Einige Tage Geduld sind jedoch noch von Nöten. Tage, in denen wir in wechselnden Schwachwinden dahintümpeln, oft mit dem Wind aus der angestrebten Richtung und fast zwei Tage auch in Flaute, bis wir endlich konstante Winde aus West bis Süd ausnützen können und mit raumen[11] bzw. halben Wind[12] direkt unser Ziel die Azoren ansteuern können. Die Windstärken variieren abgesehen von der Flaute und von einem Sturm, den wir abwettern, zwischen 4 und 6 auf der Beaufort-Skala, also mäßige Brise bis starker Wind, oder in anderen Worten 10 bis 25 Knoten Windgeschwindigkeit. Von der Besegelung haben wir eigentlich auch alle möglichen Kombinationen in Verwendung. In der ersten Woche, also der Woche ausschließlich hart am Wind, passiert es, dass wir Tage lang nicht die Segelfläche ändern, das Schifflein transportiert uns ohne Murren Richtung Norden. Nur manchmal frischt der Wind auf und wir müssen statt der Marschfock[13] die Sturmfock setzen oder das zweite Reff[14] einlegen. Später auf halbem und raumen Kurs, oder manchmal auch vor dem Wind, gibt es mehr Vielfalt. Bei stärkeren Windverhältnissen wird nur unter Vorsegel alleine gesegelt, also je nach Windstärke nur getrieben durch Sturmfock, Marschfock oder Genua, manchmal auch unterstützt durch das Großsegel. Bei Windstärken unter 15 Knoten können wir unser Schiffchen, alleine durch den Blister[15] gezogen, bewundern, dessen Farbenpracht in grün, rot und weiß eine willkommene Abwechslung ist für unsere abgestumpften Augen. Bei ganz schwachen Winden experimentieren wir auch mit der Kombination Blister und Genua gleichzeitig angeschlagen, jeweils auf Backbord und Steuerbord. Da der Blister das Vorstag nicht benötigt, kann die Genua ungehindert gesetzt werden und durch die Schoten über den ausgebaumten Spinnakerbaum stabilisiert werden.
Soviel zum Segeltechnischen. Abgesehen von der Interpretation von Wetterkarten und der zu erwartenden Winde bzw. abgesehen von navigatorischen Überlegungen wäre damit das Wichtigste bezüglich unserer Atlantiküberquerung erwähnt. Zumindest im seemännischen Sinne. Dennoch werde ich versuchen das alltägliche Leben an Bord zu beschreiben, wenn ich es mittlerweile auch schon als so selbstverständlich empfinde.
Die ersten drei Tage hatte ich mit meinem Magen zu kämpfen. Bei Windstärke fünf bis sechs prügelten wir unser tapferes Schiffchen hart am Wind, gegen die übliche Atlantikwelle, also so drei bis vier Meter hoch, gemessen von Wellental zu Wellenberg. Eine solche Wellenabfolge darf man sich aber nicht regelmäßig, also so wie im Wellenbecken im Gänsehäufel vorstellen. Die Wellen scheinen sich organisch fortzubewegen, verbinden sich, verfließen, dämpfen sich, bauschen sich auf, bilden Schaumkronen, sind zerfurcht und scheinen vollkommen chaotischen Gesetzen zu gehorchen. Niemals kann ihr Anblick eintönig wirken, immer wieder lassen sich neue Spielformen in ihnen erkennen. Jedenfalls sind Größen wie Wellenhöhe oder Wellenlänge höchstens als gefühlsmäßiger Durchschnitt auswertbar. Wuarscht, ich hatte zu kämpfen mit meinem Magen, war sichtlich nicht unbedingt gesprächig und schon die geringsten Arbeiten, wie Geschirrabwaschen machten die größte Mühe. Abgesehen davon, dass man bei Seegang nichts unbeaufsichtigt oder gegen eine Kante gelehnt abstellen kann, sind es die getäuschten Sinne die einem das Leben erschweren in dem sie ein stetiges Kotzgefühl aufrecht erhalten. So zumindest bei mir, dem Typ 2 Menschen, im Sinne der Seekrankheit. Mich schon vorher als zu solchem zugehörig gewusst, hatte ich es leicht und brauchte nur abzuwarten. Und wirklich, bald schon konnte ich ein wenig lesen bis das Schlechtheitskontigent wieder ausgeschöpft war und ich mich wieder, in die Weite blickend, erholen musste. Mit dem Erfolg, dass ich mich akklimatisierte ohne ein einziges Mal zu kotzen und ich mich bald wohl fühlte in dem neuen Lebensraum.
Ein Lebensraum, der einen in jeder Richtung bis zum Horizont blicken lässt, so weit bis die Erdkrümmung das Sichtfeld begrenzt. Ein Lebensraum aber auch, der bezüglich Fortbewegung auf ein paar Quadratmeter beschränkt ist, welchen man mit seinen Mitseglern teilt. Kurz möchte ich die Innenarchitektur unter Deck unserer THO Chica Verde beschreiben. Ganz vorne am Bug ist der Anker, dessen Kette an jener Stelle auch unter Deck gesammelt wird. Die nächsten zwei Meter dahinter bildet die Vorderkoje, wie üblich in dreieckiger Manier. Mit geöffnetem Vorderluk bildet sie wahrscheinlich die komfortabelste Schlafmöglichkeit. Da überlaufende Wellen leicht über die Vorluke eindringen können, muss jene aber meist geschlossen sein. Außerdem stampft das Boot bei Kursen am Wind so sehr, dass man im Vorschiff durch das Gehüpfe ohne weiteres einen halben Meter aus der Matratze gehoben wird. Die Holzwand direkt an die Vorderkoje begrenzt den nächsten Raum, welcher sich vielleicht eineinhalb Meter in Schiffsrichtung ausdehnt. Darin befinden sich die Toilette und diverse Schränke. Das verwendete Toilettensystem besticht durch Einfachheit und daher Zuverlässigkeit. Nie mussten wir seine Schläuche gefüllt mit diversen Ausscheidungen zerlegen und reinigen, wie es sonst des Öfteren vorkommt. Auch hier half uns das Gebot der deutschen Ordnung: Zwölf Mal pumpen, fünf Sekunden warten und noch einmal sechs Mal pumpen. Regeln gab es derer viele auf diesem Schiff, auf dem meine beiden Mitsegler einen großen Teil ihres Lebens verbracht hatten. Nur allzu verständlich ist es, dass sie jeden Handgriff optimierten, um möglichst wenig Arbeit und Materialabnutzung aufzuwenden. Ein zweischneidiges Schwert wenn man neu an Bord ist, wenn auch gewillt sich anzupassen. Einerseits kommen einem manche Maßnahmen allzu penibel vor, andererseits weiß man, dass im schlechtesten Fall ein Streichholz am falschen Platz den Untergang eines Schiffes bedeuten kann.
Zurück zur Architektur. Der WC-Raum ist nach achtern wieder durch eine Holzwand mit Türe begrenzt. Ab dort beginnt der Salon. Backbords befindet sich eine L-förmige Sitzecke die sich um einen Tisch schmiegt. Die lange Seite des L’s ist gleichzeitig meine Koje, welche in der Länge gerade meine Körpergröße ausmacht. Eigentlich ein angenehmer Schlafplatz, sieht man davon ab dass es hier nie dunkel ist, da die Wache des nachts meistens ein Licht am Navigationsplatz an hat. Man befindet sich mittschiffs auf Höhe des Mastes, wo die Schiffsbewegungen, zumindest bezüglich des Stampfens, am geringsten sind und hat außerdem ein relativ großes und frisches Luftvolumen zur Verfügung. Der Salon ist vom Volumen her der größte Raum und grenzt an den Niedergang. All die restlichen Luken sind wie erwähnt aus spritzwassertechnischen Gründen geschlossen, dementsprechend stickig kann die Luft unter Deck werden. Gegenüber der Sitzecke, jenseits des Ganges auf Steuerbordseite wurde eine etwa zwei Meter lange Ablage mit darunter liegenden Kästchen eingerichtet. Oben lagern wir das Gemüse, die Eier und sonstige Lebensmittel, die sich gerne von Luft umspülen lassen. In den dortigen Kästchen fand das Dosenfutter wie auch diverses Werkzeug, Ersatzteile und die Notausrüstung Platz, nicht zu vergessen das Seekartenfach, welches ebenfalls hier integriert wurde. Hinter dieser Kastenanordnung schließt direkt die Navigationsecke an, wo sich Funk, Radar, GPS, der Laptop an dem ich gerade schreibe und Satellitentelefon befinden. Gegenüber der Navigation, also auf Backbord befindet sich wie so oft die Kombüse, bestückt mit einem Petroleumkocher, Abwasch und Kästchen für das Küchenzubehör. Abgesehen von den drei Quadratmetern Cockpit, welche sozusagen die Terrasse bilden wenn man so will, ist der zuvor beschriebene Bereich mit seinen etwa zwölf Quadratmetern der Lebensraum, in dem ich seit fast einem Monat lebe. Hinter dem Navigationsplatz ist der Eingang zu einer weiteren Welt dieses Schiffleins. An die fünf Quadratmeter muss dieser umfassen meine ich, ohne es zu wissen. Bis jetzt blieb mir dieser Raum, die Achterkajüte unerforscht. Die Sitzfläche am Navigationsplatz ist zu gleich Koje, in der normaler Weise Heinz Ruhe findet. Diese Koje führt zugleich als niedriger Höhlenzugang zur Achterkajüte. Diese ist auch durch ein Luk von außen, d.h. vom Cockpit aus zu erreichen. Meistens ist die Spritzwassergefahr jedoch zu hoch, um jene Luke öffnen zu können. Wie ein Hündchen ist daher Sabine meist gezwungen ihre Achterkajüte zu betreten. Nie betrat ich jene, aber scheint sie mir eng und auch stickig, so dass ich vermute mit dem Salon das bessere Los gezogen zu haben, wenn auch mit eingeschränkterer Privatsphäre. Der Raum unter dem Cockpit, dessen Stehfläche sich einerseits etwa einen Meter über dem Kajütboden und andererseits etwa ein Meter unter Deckniveau befindet, beherbergt wie üblich den Dieselmotor. Alles in allem gut genutzter Platz auf nicht einmal elf Metern Schiffslänge.
Während einem mehrtägigen Segeltörn ankert man nicht während der Nacht wie vielfach angenommen. Bei einer Atlantiküberquerung würde man dabei schon am Gewicht der sechs kilometerlangen Ankertrosse scheitern, welche ein Vielfaches des Bootsgewichtes ausmachen würde. Weiters will man ja nicht doppelt so lange unterwegs sein. Die Lösung lautet: Es wird rund um die Uhr gesegelt. Dafür werden Wachen eingeteilt. Wir haben eine sehr flexible Wacheinteilung, nur die Nacht wird fix eingeteilt. Nach Sonnenuntergang sprechen wir uns ab, wer welche Wache gehen möchte. Jede Wache dauert drei Stunden, dementsprechend ist die Nacht mit vier Wachen überdeckt. Das heißt auch, dass wir bis zu sechs Stunden durchschlafen können. An Schlaf mangelt es im Allgemeinen sowieso nicht. Mit den Tagesnickerchen komme ich an manchem öden Tag auf bis zu 14 Stunden Schlafpensum. Die drei Stunden Wache vergehen meist relativ schnell. Wache gehen am offenen Meer heißt so viel, wie alle zehn bis 15 Minuten einmal einen Rundumblick zu werfen und Wind und Wetter im Auge zu behalten, um bei Änderungen rechtzeitig reagieren zu können. Innerhalb der vier Wochen sehen wir vielleicht fünf Berufsschiffe und ebenso viele Yachten. Unter diesen Umständen kann man es besser verstehen, wenn sich Einhandsegler fast bedenkenlos aufs Ohr hauen. Eine Kollision ist extrem unwahrscheinlich.
Was macht man die liebe Nacht lang, während seiner drei Stunden Wache? Man liest ein Buch mit dem Licht am Navigationsplatz, man hört Musik, man beobachtet die Sterne, den Mond, das Meeresleuchten des bewegten Planktons, man genießt vielleicht auch, dass man als Einziger wach ist, also die einzigen Momente des Alleinseins auf diesem stark beengten Lebensraum. Trotzdem sehnt man sich am Ende der Wache schon nach ein wenig Schlaf in der Koje. Nach Ablauf der Zeit weckt man den nächsten Wachgänger und übermittelt ihm kurz etwaige Neuigkeiten bezüglich Wind, Strategie oder gehörten Funksprüchen. Je nach Wellengang verkeilt man sich dann mehr oder weniger stark in seiner Koje und versucht zu träumen, bis man vom übernächsten geweckt wird bzw. in der Früh vom Spiritusgeruch aufwacht. Der Spiritusgeruch kommt vom Vorheizen des Petroleumkochers, um das Kaffee- und Teewasser für das Frühstück zuzustellen. Wenn alle wach sind wird gefrühstückt. Von unten werden die Dinge ins Cockpit gereicht. Man versucht möglichst wenige Utensilien zum Essen und Trinken zu verwenden, da man durch die Bootsbewegung nichts unaufbesichtigt abstellen kann. Stufen und Kanten der aktuellen Leeseite werden benutzt, um die Dinge im halbwegs stabilen Gleichgewicht aufzubewahren. Trotzdem schwirren immer wieder Messer und Nahrungsmittel durch die Gegend. Unser Grundnahrungsmittel zum Frühstück ist selbstgebackenes Brot. Leider haben wir irrtümlicher Weise nur fünf Kilo Mehl für die vier Wochen mitgenommen. Daher bemühen wir uns vier bis fünf Tage mit einem Laib Brot auszukommen, bis wir einen frischen backen. Als Auflage gibt es erst noch Tomaten, Gurken, Käse und Butter, am Ende nur noch Zwiebel und Hartwurst.
Bin leider nicht fertig geworden. Die Vollendung muss nachgeholt werden.
[1] Man segelt auf Backbordbug wenn die Backbordseite des Schiffes im Lee liegt. Backbord ist die linke Seite des Schiffes bezogen auf die Längsrichtung und von hinten nach vorne geschaut. Lee ist die dem Wind abgewandte Seite.
[2] So weit es geht gegen den Wind segeln. Genau gegen den Wind funktioniert naturgemäß mit einem Segelboot nicht, sondern nur mehr oder weniger schräg. Moderne Yachten können in Winkeln unter 45° zum Wind segeln, Traditionssegler schaffen etwa 60°, Rahsegler noch weniger.
[3] kleiner, vertieft ins Deck eingelassener Arbeitsbereich der Crew und des Steuermanns
[4] eine Seemeile entspricht 1.85 Kilometer. 1 sm ist eine für die Navigation äußerst praktische Einheit, da sie exakt einer Breitenminute entspricht.
[5] Der Vorstag ist eine Drahtseilverspannung zur Stabilisierung des Mastes nach vorne.
[6] obere Ende des Mastes
[7] Wanten stabilisieren den Masten seitlich.
[8] Meist ein halbrunder Bügel aus Metall, der mit einem Bolzen verschlossen werden kann und dann als Verbindung z. B. zwischen Blöcken und Segeln dienen kann.
[9] Seitliche Neigung des Schiffes, verursacht durch den seitlich wirkenden Segeldruck.
[10] Die Großkreisentfernung ist die kürzeste Entfernung zweier Punkte auf einer Kugeloberfläche.
[11] Kurs bei dem der Wind schräg von achtern kommt.
[12] Kurs bei dem der (scheinbare) Wind genau von der Seite, also von querab, kommt.
[13] Fock ist ein anderes Wort für Vorsegel. Marschfock nennt man auch Arbeitsfock, gemeint ist das normale Vorsegel.
[14] Reffen wird der Vorgang der Segelverkleinerung genannt. Hier ist das Reffen des Großsegels gemeint. Unser Großsegel hatte zwei Bindereffreihen, d.h. zweites Reff bedeutet so viel wie ganz gerefftes Groß.
[15] ist ein asymmetrisch dreieckiges, oft aus buntem Segeltuch gefertigtes Leichtwind-Vorsegel.