Der erste Sturm

 

Als wir den reparierten Autopiloten wieder hatten liefen wir sofort nach Sardinien aus. Kurz vor Olbia empfingen wir eine Sturmwarnung " burrasca in corso " .

Der Sturm, Scirocco, sollte aus Südosten blasen mit Windstärke 9. So liefen wir im Morgengrauen in die Cala Costa Cavallo ein und ankerten dicht unter Land. Nach allen Seiten außer Nordwesten perfekt geschützt. Der Sturm kam dann auch pünktlich. Doch zu unserem Schrecken aus Nordwest und so lagen wir auf Legerwall. Also sofort die Maschine an damit wir für alles bereit wären. Wie wenn wir es geahnt hätten. Denn kurz darauf gab es einen Knall und die Ankerkette war gebrochen. Praktisch neu, gerade ein viertel Jahr benutzt. Und um teures Geld vom Hersteller der Ankerwinsch, Simpson & Lawrence, in England gekauft damit sie auch ja auf die Kettenuss passt.

Da wir ja bereit waren kamen wir gut frei und zogen so lange Kreise bis wir einen anderen Anker angeschäkelt hatten. Dann geankert, zum Glück war es schon wieder ruhiger

Als es dann noch ruhiger war, das geht im Mittelmeer ja meist schnell, ging ich mit dem Dinghy und Taucherbrille auf die Suche. Bei dem klaren Wasser im Mittelmeer und dem Sandboden ging das relativ schnell. Zumal die Kette ja noch in neuem Zinkglanz gut zu erkennen war.

Am übernächsten Tag gingen wir dann nach Olbia in den Hafen. Da waren schon 3 andere Segler die alle auch ihre Probleme mit dem Sturm gehabt hatten.

Peter, ein Australier, war schon seit 20 Jahren mit seiner selbstgebauten Stahlyacht " Sherazade" unterwegs. Phillip ein englischer Expolizist, gerade frisch geschieden mit seiner " Nathalie Louise". Und dann noch Marc Albert ein Schweizer mit seiner wunderschönen Abeking & Rasmussen Yawl "Oxalla".

Und dann war da natürlich noch Maya, die Freundin von Peter, eine Schweizerin. Diese hatte Peter irgendwo in der Südsee kennen gelernt wo er immer herumgesegelt war. Sie meinte er solle mal was rechtes machen und die Welt umsegeln.

Wir verbrachten einige Monate zusammen. Es war ja Winter, nicht so sehr von den Temperaturen als von dem stürmischen Wetter. Von Peter haben wir sehr viel gelernt wenn auch damals vieles nicht verstanden. So z.B. sagte er dass er in all den Jahren im Pazifik nie so viele Probleme und Ärger hatte wie im Mittelmeer. Aus meiner heutigen Sicht kann ich das nur bestätigen. Auch wir waren viel zu lang im Mittelmeer und machten viel zu viel an unseren Nerven und den Segeln kaputt. Seit wir es verließen gab es kaum mal noch Ärgern mit nicht haltenden Ankern, Sturm aus dem Nichts heraus oder aus falschen Richtungen. Und vor allem immer Wind zum Segeln nicht nur Flaute oder Sturm.

Marc Albert trafen wir noch oft im ganzen Mittelmeer. Mal in der Tükei, mal in auf Sizilien und zuletzt in Portugal. Da wollte er sein Schiff verkaufen und sich in Sevilla niederlassen.

Den Phillip trafen wir erst rund 10 Jahre später in der Karibik, auf Domenica, wieder. Da war er wieder mit einer Stewardess verheiratet. Sie hatten ein Kind das bei ihm an Bord lebte während sie immer mal zwischen zwei Flügen vorbeikam.

Zwischendurch segelten wir mal für einige Tage in den Norden in die Strasse von Bonifacio und das La Maddalena Archipel. Dort ist uns was lustiges passiert. Die amerikanische Navy hatte dort eine Basis. Ein Versorgungsschiff lag auf Reede und wurde von einigen Hubschraubern mit Netzen entladen. Wir lagen im Lee davon in einer kleinen Bucht vor Anker und haben gebadet. Dabei sahen wir dass so gelegentlich mal ein Paket aus dem Netz fiel. Als dann eines davon auf unsere Bucht zutrieb fischten wir es auf und waren ganz gespannt was es wohl Gutes enthielt. Es enthielt Nudeln. Sehr sorgfältig wasserdicht verpackt waren es glaube ich 20 amerikanische Pfund.

Aber die Qualität war grässlich. So schlechte Nudeln habe ich nie und nirgends wieder gefunden. Man konnte damit machen was man wollte sie wurden immer kätschig. Und so etwas wurde in das Nudelland Italien geliefert. Obwohl wir wenig Geld hatten waren wir gottfroh als alle gegessen waren. Amerikanische Nudeln wurde zum geflügelten Wort an Bord.

Wir segelten dann nach einiger Zeit nach Cagliari in Südsardinien. Dorthin sollte in den Weihnachtsferien unsere Tochter kommen. Mit der wollten wir dann nach Tunesien.

Sie sollte mit dem Zug nach Genua und dann mit der Fähre nach Cagliari kommen. Da es damals ja noch keine Handys gab hatten wir mit einem Lebensmittelhändler in Hafennähe ausgemacht dass er für uns als "Telefonzentrale" dienen würde. Zu unserem Glück. Denn als Sabine in Genua ankam streikte die Fähre. Nach langem hin und her lief dann doch noch eine aus wenn auch nach Porto Torres. Dies liegt aber an der anderen Ecke von Sardinien im Norden. Sabine hatte sich inzwischen mit einer deutschen Familie mit Kindern angefreundet deren Reiseziel auch im Süden lag. So kam sie dann schlussendlich doch noch bei uns an. Für ein 14 jähriges Mädchen eine ganz reife Leistung. Sie ist später dann noch öfter mit dem Zug nach Brindisi gekommen von wo wir sie dann von Griechenland aus abholten.

Aber da hatte sie dann natürlich schon eine gewisse Routine. Sie schwor auf ein Zugabteil mit einer italienischen Großfamilie. Da gab sie dann an die Kinder eine Runde Kaugummi aus und für Sicherheit und Verpflegung war gesorgt.

Von Italien hielt ich früher so als Camping Urlauber gar nichts. Aber in den rund zwei Jahren die wir mit dem Schiff dort verbrachten habe ich es lieben gelernt. Vor allem in den Nichttouristen Orten. So eine Hilfsbereitschaft findet man selten. So wollte beispielsweise der Lebensmittelhändler von Cagliari in der Nacht mit uns nach Porto Torres fahren um Sabine abzuholen .Die Italiener; Türken, Brasilianer und Kubaner waren die nettesten Leute die wir unterwegs trafen. Das soll nicht heißen dass z.B. die Spanier und Franzosen nicht auch nett waren aber an diese 4 kamen sie nicht ran.

Da wir in Cagliari schon länger lagen und das Ablegen entsprechend lange dauern würde wollten wir die Überfahrt nach Tunesien von einem kleinen Fischereischutzhafen, Porto Teulada, aus antreten. Doch in der Nacht die wir dort lagen kam ein Scirocco auf. Der war wieder mal nicht vorhergesagt. Der brachte in der Nacht so viel Sahara Sand mit sich dass die bis dahin schönen weißen Segel rot gefärbt waren. Das ging in den Nähten und so auch nie mehr raus.

Für uns war das alles neu. In der Karibik später mussten wir jedoch damit leben. Dort war in der Hurrikan Zeit immer Sahara Sand in der Luft. Da wir dort das Regenwasser immer auffingen musste man es erst filtern bevor man es in den Tank füllen konnten. Es kam aber trotzdem immer noch genügend durch.

Bei Scirocco also Südostwind kann man natürlich nicht nach Tunesien segeln weil das Gegenwind ist. Sabine machte das aber nicht so viel aus. Unser Bordmotorrad,

eine italienische Garelli hatte nur 5o ccm. So was durfte damals in Italien ohne Führerschein ab 14 Jahren gefahren werden, ganz offiziell. Das schlug natürlich das Segeln das sie ja von Kindheit her kannte. Sie war also dauernd damit unterwegs. Wir haben da eine recht nette Methode entdeckt wie man zu dritt auf einem 2 sitzigen Motorrad doch recht weit durch die Gegend kommt. So musste immer einer laufen und der wurde dann von Sabine eingesammelt und vorausgefahren. Der Läufer sammelte derweil noch Champions die dort im Winter durch den Regen in Unmengen wuchsen.

Das Bordmotorrad hat sich gut bewährt wenn es auch jedes Mal eine Schinderei war es an Land oder an Bord zu bringen. Das ging dann mit dem Spinnakerbaum und Grosschot als Kran durch das Vorluk auf den Kai oder ins Dinghy.

Ich bin damit rund 25.000 km vom Schiff aus gefahren. Selbst auf dem Ätna war ich damit, auf der Nordroute die auch von Geländewagen mit Touris befahren wurden. Sehr oft fuhr ich auch zurück zum letzten Hafen wenn irgendwelche wichtige Post mal nicht rechtzeitig ankam. Bevor wir dann Europa verließen habe ich es in Portugal an einen englischen Yachti verkauft der ins Mittelmeer ging. Ich war mir nämlich darüber im klaren dass es mir in Südamerika und der Karibik sehr schnell geklaut werden würde. Zumal man ja dort auch fast immer vor Anker und oft weit vom Land weg liegt. Im Mittelmeer liegt man ja meist am Kai und schließt es halt mit einer Kette an einem Festmachering fest. Da hört man dann wenn es einer klauen will. Glaubt man wenigstens.

Als der Scirocco dann wieder nachließ war es natürlich zu spät um vor dem Ende der Schulferien nach Tunesien zu segeln. Das hätte sich nicht mehr gelohnt. So verbrachten wir die Zeit damit dass ich ihr das Tauchen mit Gerät beibrachte und wir uns sonst im Wasser tummelten. Damals kam das Mittelmeerwasser uns um Weihnachten ja noch warm vor.

Wir segelten dann wieder zurück nach Cagliari und die nette deutsche Familie die sie schon gebracht hatte nahm sie auch wieder mit nach Porto Torres.