Endlich am Meer

 

Dort tobten wir uns bei frischem Wind dann so richtig aus. Segel wechseln, ein- und ausreffen und was bei einem neuen Schiff alles so dazugehört. Dabei natürlich immer mindestens ein Auge auf dem Log, wollten ja wissen wie schnell wir auf den unterschiedlichen Kursen waren.

Als nach einigen Stunden eine gewisse Beruhigung eingetreten war wollte wir den Autopiloten benutzen. Da stellten wir dann fest dass dieser, obwohl neu, nur nach einer Seite den Kurs hielt. Die nächste Reparaturmöglichkeit war in Civitaveccia in Italien. Wir wollten ja eigentlich zuerst auf die Balearen und Spanien bevor Italien und das östliche Mittelmeer auf dem Programm stand.

So kam es dann zu der ersten Änderung der Planung der noch sehr viele folgen sollten.

Wir beschlossen also zuerst längs der Küste zu segeln. Ankerplätze gibt es da ja nicht viele und die Marinas sind fast alle im Sommer viel zu teuer. Frau und Tochter gingen immer mit dem Dinghy zum einkaufen und ich drehte so lange Kreise vor den Marinas.

So kamen wir gegen Ende von Sabines Schulferien nach Imperia das uns irgendwer wegen seiner zivilen Preise empfohlen hatte. Schiff und Frau blieben dort im Yachtklub und Sabine und ich fuhren mit dem Zug zurück. Sie um noch die letzten 2 Jahre in die Schule zu gehen. Ich um den Garten aufzuräumen und das ganze geliehene Material zurückzugeben. Ferner musste das Haus noch winterfest gemacht werden denn es würde ja im Winter nicht bewohnt werden.

In dem Zusammenhang einige Worte wie wir es mit der Schule gehalten haben. Damals gab es, zumindest unseren Wissens, keine Fernschule die mit einem "ordentlichen " Schulabschluss geendet hätte. So blieb Sabine für die rund 2 Jahre in Deutschland. Sie wollte ihre Schule nicht wechseln und vor allem nicht von ihren Pferden weg. Deshalb wollte sie nicht zu ihren Großeltern nach Reutlingen sondern in Gunningen bleiben. Allein konnte sie das Haus nicht bewohnen, sonst wäre uns wohl das Jugendamt auf den Hals gekommen. So suchten, und fanden wir eine " Pflegefamilie ". Sogar direkt bei den Pferden, nur über die Strasse. In den Ferien war sie natürlich bei uns und wir waren in der Zeit auch öfters für einige Zeit zu Hause. Als sie dann die mittlere Reife machte kamen wir nach Hause und richteten das Haus zum Vermieten. Das Schiff lag so lange in Brindisi in Italien und wurde von Arthur unserem Segelfreund bewacht. Der hatte in unserer Nähe das gleiche Schiff gebaut.

Als in Deutschland alles erledigt war fuhren wir mit unserem Einweg-Auto, einem Audi 100, vollbepackt alle zusammen gen Italien. Das Auto haben wir dann in Brindisi einem Fischer geschenkt. Für ihn ein Riesengeschenk für uns das beste denn ohne TÜV, und zu viel zum richten, hätte es uns nur noch Geld gekostet. Eine Nachbarin meldete uns die Kiste ab und schickte die Papiere an Ucco. So hatte alles seine Ordnung.

Mit Autos haben wir es noch mehrmals so gemacht. Denn in Deutschland auf dem Land läuft bei unserem öffentlichen Verkehr gar nichts ohne Auto. Das beste "Geschäft" war mal ein Renault 5, den haben wir mit gerade noch genug TÜV um 2oo DM gekauft. Dann fuhren wir ihn, ohne TÜV, noch anderthalb Jahre ohne jede Reparatur in Spanien und Portugal. Und als wir Europa dann verließen bekamen wir noch rund 650 DM von einem portugiesischen Schrotthändler. Da haben wir aber halt Glück gehabt weil der Schrotthändler gerade die Papiere von einen Unfall R 5 hatte und nur noch das passende Auto brauchte. Maria von einer anderen Yacht war gerade in Deutschland und kam dann mit einem Einweg R 4. Aber sie bekam aber nur 50 DM dafür.

Doch zurück nach Imperia. Dort kam ich nach 2 Wochen dann wieder mit dem Zug an und fand Frau und Schiff unversehrt vor. Aus heutiger Sicht muss ich ja sagen dass ich nur für das Schiff meine Hand ins Feuer legen kann. Neben uns lag eine riesige Motoryacht die einem Mailänder Schiffsmotorenfabrikant gehörte. Er macht gerade mit seiner Tochter Urlaub darauf. Als Bootsmann hatte er noch Roberto den Sohn seines Vertreters in Südamerika.

Zu der Zeit, 1981, rollte gerade eine Welle von Entführungen und Lösegelderpressungen über Italien hinweg. Die Besitzer hatten also eine wahnsinnige Angst. Roberto musste die Tochter immer mit einer Pistole bewaffnet zum einkaufen begleiten. Scheinbar konnte sie nur Spaghetti kochen, gute zwar aber halt nur immer das gleiche. So gingen wir abends öfter zusammen sehr gut essen. Er meinte immer " wir sind ja arm, uns tut niemand nichts".

Dies habe ich mir immer, vor allem dann in Süd- und Mittelamerika zu Herzen genommen und habe immer darauf geachtet nicht zu protzen sondern so wie die Einheimischen rumzulaufen. So wurden wir auch "nur" dreimal beklaut. Und er Gesamtschaden war unter 300 DM, und das in 20 Jahren! Andere Yachtis, Amerikaner vor allem, die meinten allen signalisieren zu müssen dass sie es zu was gebracht hätten hatten da viel mehr Ärger.

Nach einigen Tagen liefen wir dann aus direkt nach der Marina Macinaccio im NO Korsikas. Dort setzten wir erstmals das Bordmotorrad an Land. So kamen wir, wenn auch mit einiger Verzögerung, doch noch dazu uns auf Korsika mit dem Motorrad auszutoben. Dort hatten kurz zuvor starke Waldbrände getobt. Das sieht dann schon gespenstisch aus wenn man viele Kilometer nur durch verbrannten, noch qualmenden Wald fährt. Mir wurde erklärt das die Waldbrände von den Hirten bzw. den Viehzüchtern gelegt würden. Es seinen dort viele Gebiete aufgeforstet worden die seit Jahrhunderten Weideland waren. Wenn es dann Wald war durfte er nicht mehr beweidet werden. War er abgebrannt, war er wieder Weideland. So einfach ist das.

Und überall wurde es so gemacht. Zwei Jahre später erzählte uns ein Türke der eine große Schafherde hatte dasselbe. Der brannte sein Weideland immer in der Touristensaison ab. Dann glaube die Polizei die Touris hätten den Wald angezündet. Zwischen Marmaris und Fethiye war damals eine Fehde zwischen den Nutzholzaufkäufern und denen von den neuen Papierfabriken. Die Papierfabriken zahlten mehr konnten aber kein angekokeltes Holzgebrauchen. Ergo, siehe oben.

In Macinaccio kamen dann nach ein paar Tagen unsere Segelfreunde vom Bodensee an. Die hatten sich auch ein größeres Schiff gekauft und wir hatten etliches an Ausrüstung zusammen eingekauft. Sie waren ein paar Monate vor uns gestartet und, wie wir ja auch wollten, auf die Balearen und Spanien gesegelt. Da war die Freude dann groß denn wir hatten uns nicht verabredet und jeder dachte der andere sei in Spanien.

Zusammen segelten wir dann nach Elba und sie ließen ihr Schiff dort über den Winter. Wir blieben einige Zeit auf Elba und machten vielen Motorradtouren. Dort brachte ich mir auch, nach Lehrbuch, das Tauchen mit Pressluftgerät bei.

Dann ging es weiter nach Civitaveccia um den noch nie gebrauchten Autopiloten reparieren zu lassen. Über die Qualität der Yachtausrüstung lasse ich mich später aus.

In C. war der ganze innere Stadthafen so voll mit Yachten und Booten wie ich es nie wieder gesehen habe. Natürlich nicht in ordentlichen Päckchen wie im Norden üblich sondern alles kreuz und quer. Ich ergatterte einen Platz an einem Ponton über den wir direkt an Land konnten. Nachts stellte ich fest dass dieser langsam unterging. Als ich die Sache untersuchte stellte ich fest dass er mit einem Schlauch gefüllt wurde. Jetzt was tun. Läuft das Wasser kontrolliert und ich stelle es ab so bin ich meinen schönen Liegeplatz los. Und der Autopilot ist erst in einer Woche fertig. Läuft es unkontrolliert so zieht der untergehende Ponton uns vielleicht mit runter. Was also tun ?

Ich machte also mit den dünnsten Leinen die ich hatte am Ponton fest.

Morgens stellte sic dann heraus dass der Ponton zur Wasserversorgung der auf Reede liegenden Frachter diente. Er wurde hinausgeschleppt, und ich fuhr einige Stunden eine Hafenrundfahrt bis mein Anleger zurückkam. War zum Glück das einzige mal solange wir dort waren.