Stapellauf

 

Los ging es dann am 3o.Juni 1981. Da kam der Kranwagen und der Bootstransporter. Polizei Begleitung brauchten wir noch nicht da war das Schiffchen noch zu klein dazu.

Wohl aber eine Sondergenehmigung mit genau vorgeschriebener Fahrtroute und auch Zeit. Die sah vor dass wir erst abends um 10 Uhr losfahren durften. Der Fahrer war zugleich Inhaber der Spezialtransportfirma. Der meinte das sei alles Quatsch. Wenn wir einverstanden wären würde er gleich losfahren, die Nacht zu Hause schlafen und am anderen Morgen nach Cannstatt weiterfahren. So fuhren wir gegen 18 Uhr los zu seinem Haus irgendwo bei Sindelfingen. Dort übernachteten wir das erste Mal im Schiff.

Am anderen Morgen dann ging es quer durch Stuttgarts Innenstadt nach Cannstatt. Das auch noch zum Hauptberufsverkehr um 8 Uhr.

In Cannstatt kannte er eine Firma mit einem Portalkran. Die entluden gerade ein Schiff mit Holz und waren sehr in Eile, der Kranfahrer aufgeregt. Nur wenn von uns alles gut vorbereitet wäre, mit Gurten und so, wolle er uns schnell ins Wasser heben. Wenn es beim erst Versuch nicht hinhauen würde käme es erst am Montag ins Wasser, es war erst Freitag.

Nun es haute hin und mein Schiff hing auf Anhieb richtig in den Gurten. Es wurde hoch angehoben um über die Holzstapel hinweg fahren zu können. Aber nach einigen Metern hat es furchtbar gefunkt und der Kran hat sein eigenes Stromversorgungs- Kabel abgefahren. Da hatte die Aufrollvorrichtung nicht mehr funktioniert. Auch keine Zeit zum reparieren.

So hing das Schiff also in den Gurten. Viel zu hoch um an Bord zu gelangen, viel zu hoch auch um den beim Transport beschädigten Unterwasseranstrich auszubessern.

Und das dann gleich 5 Stunden lang. Im Gegensatz zu allem Aberglauben stellte sich das aber nicht als schlechtes Omen heraus. Alle Reisen mit dem Schiff verliefen über 2o Jahre lang glücklich und erfolgreich.

Dann kam der Moment des Stapellaufes und die Aufregung wuchs. Ist auch alles dicht, keine Anschlüsse vergessen, funktioniert der Motor, läuft das Schiff geradeaus, hat es Vibrationen im Ruder, in der Welle und und und.

Aber es war dicht, der Motor sprang beim ersten Versuch an. Und als wir nach ein paar Stunden des Aufräumens die Leinen zu einer Probefahrt im Hafenbecken gelöst hatten lief es auch tadellos geradeaus. Auch wenn man das Steuerrad losließ.

Am anderen Tag, Samstag morgens, kam dann die nächste Hürde. Die Schleusen. Eigene Erfahrung hatte ich keine, das Schiff war neu und 4 Meter länger als mein altes. Und 4 mal so schwer. Dazu hatte ich noch viele Schauergeschichten von anderen Seglern gelesen. Von gerissenen Leinen, von solchen die erst im letzten Moment gekappt werden konnten bevor sie das Schiff unter Wasser ziehen konnten und vieles mehr.

Von meinem Liegeplatz konnte ich die Schleuse sehen. So wartete ich bis flussauf, flußab kein Frachtschiff zu sehen war. Dann Leinen los und auf in die Schleusenkammer. Dann zum Schleusenmeister den ich bat es diesmal für uns ganz sachte zu machen. Und dann die Feststellung das es die einfachste Sache der Welt ist. Vor allem wenn die Schleuse noch Schwimmpoller hat. Das hatten allerdings die wenigsten von den rund 25o die wir bis zum Mittelmeer passieren mussten.

Dann suchten wir uns also einen Liegeplatz wo wir das Schiff einige Tage liegen lassen konnten um zu Hause alles in Ordnung zu bringen. Dort lag ja noch alles Material herum mit dem das Schiff auf den Verladeplatz gerollt worden war. Dann musste das Haus versorgt werden, das Auto abgemeldet und vieles mehr. Dann fuhr unsere Tochter und ich zusammen auf dem kleinen Bordmotorrad nach Stuttgart. Meine Frau kam erst in Heilbronn an Bord. Dort war meine Firma ansässig und ich gab eine Abschiedsparty für die Kollegen.

Natürlich hätte ich das Schiff genauso gut auf der Strasse nach Breisach transportieren lassen können, oder gleich ans Mittelmeer. Oder wenigstens hätte ich den einfacheren Wasserweg über die Mosel nehmen können. Aber den Rhein-Rhone Kanal einmal mit einem eigenen Schiff zu befahren war ein Jugendtraum von uns. An dem entlang verlief immer unsere Rennstrecke wenn wir eine geschickte Feiertagskombination nutzten um ein paar Tage ans Mittelmeer, Massiv Central oder Seealpen zu fahren. Da wir ja immer gespart haben benutzten wir nie die Autobahn und kamen oft auf den Landstrassen sogar noch schneller voran. Wobei ich es immer schon geliebt durch das ländliche Frankreich zu bummeln.

Die Strecke über den Neckar und dann den Rhein gegen die Strömung aufwärts suchte ich bewusst aus um die ganze Maschinenanlage zu testen. Und das noch solange ich problemlos eventuelle Ersatzteile bekommen konnte. Aber außer einer Wasserpumpe der Motorkühlung hielt alles die Belastung aus. Die Strömung war wirklich kräftig. An zwei Stellen, die eine war Karlsruhe-Maxau, kamen wir wirklich kaum vorwärts. Es hatte in jenem Jahr auch sehr viel Wasser und entsprechend war die Strömung stärker. Mit dem vielen Wasser hatten wir dann auf der bergab Strecke des Rhein-Rhone Kanals zu kämpfen. Denn unmittelbar neben den Schleusen war immer ein Wehr über das das Wasser hinabschoss. Durch die vielen Kurven waren die Schleusen meist erst im letzten Moment zu sehen. Das heißt ob die Kammer auf unserer Seite auf war oder gar eine Peniche noch darin war. Das Schiff war sehr schlecht rückwärts unter Maschine gegen die Strömung zu halten. Was natürlich auch an dem eingeholten Kiel lag. Und wenden war in dem schmalen Kanal auch schwierig. So saß Sabine immer auf dem Bugkorb. Dadurch konnte sie ehr als ich erkennen ob wir in die Schleusenkammer einfahren konnten. Wenn der Kanal später ausgebaggert werden musste lag das sicher an den Steinen die uns vom Herzen fielen wenn der Ruf kam: sie ist offen und leer. Was die Freude etwas trübte war der Mangel an Liegeplätzen. Es war nie ein Problem einen Platz für die Nacht zu finden. In einer Schleusenkammer, an ein paar Bäumen oder eingeschlagenen Pfosten fest. Aber man fand kaum einen Platz um mal ein paar Tage liegen zu bleiben und das Schiff auch zu verlassen. Denn dazu brauchte man einen Kai oder Spundwand und gute Festmachmöglichkeiten. Denn die Penichen, so langsam sie auch fahren, entwickeln einen Riesensog und schieben einen Wasserberg vor sich her. Aber Sabine war das eigentlich recht. Da sie zum Schulanfang wieder zurücksein musste wollte sie natürlich mit dem neuen Schiff auch noch segeln. So drängelte sie also dauernd, was ja auch verständlich war.

So fuhren wir also recht zügig dem Mittelmeer entgegen. In Port St. Louis war eine kleine Werft, genau gesagt nur ein Mastenkran aus einigen Telegrafenmasten, der aber damals immerhin 2 Familien ernährte. Da wir den Mast schon mal zu Hause gesellt hatten, um die Wanten und Stage abzulängen, ging es bei uns dort sehr flott. Dann noch durch die Seeschleuse und wir waren im Mittelmeer.