Karibik - Venezuela

 

Die Überfahrt von Margarita nach Martinique verlief ereignislos. Nur haben wir die Strömung unterschätzt die uns so sehr in die Karibische See trieb sodass wir einen ganzen Tag nach Osten kreuzen mussten um unser Ziel zu erreichen. Wir blieben die ganze Saison um Martinique. Dabei lernten wir in der Anse d,Arlet Gunnar kennen. Der war allein mit seinem Kater auf einem 11 m Kunststoffschiff, einer Oceanis. Der war bei uns immer zum Essen und ich ging oft mit ihm fischen in seinem Segeldinghy.

Mitte Mai machten wir uns schon auf den Weg nach Süden und verabschiedeten uns von Gunnar der nach Florida wollte. Dort wollte er mir einige Ersatzteile besorgen und sie in der nächsten Saison mitbringen. Wir waren aber noch nicht weiter als St. Lucia gekommen als wir im Kinderfunk hörten dass in Martinique ein Schiffsdieb festgenommen worden war. Es war unser Gunnar. Was er so erzählt hatte war alles gelogen. Er war noch nicht mal Deutscher sondern Schweizer. An seinem Schiff habe ich oft die übermalte spanische Registriernummer gesehen. Aber weil sie trotzdem lesbar war dachte ich mir nichts dabei. Wenn ich an seiner Stelle gewesen war hätte man sie bestimmt nicht mehr lesen können. Er hatte das Schiff in Festland-Spanien aus einer Marina gestohlen und war direkt in die Karibik gesegelt ohne auf den Kanaren Station zu machen. Unterwegs hatte er so wenig zu essen dass fast sein Kater verhungerte. Er hatte schon mal ein Schiff geklaut, einen schönen Oldtimer, und war damit auch nach Martinique gesegelt. Dort wartete er beide Male bis er verhaftet wurde. Ausgerechnet Martinique die einzige Insel mit wirklicher Kontrolle und Überwachung. Auf allen anderen Inseln würde er heute noch sitzen.

Er wurde allerdings auch wegen Mord gesucht. Eine junge Schweizerin wurde zuletzt bei ihm an Bord gesehen. Wie die Sache ausging erfuhr ich nie, ob er sie wirklich über Bord warf oder ob sie irgendwo wieder auftauchte. Für den Schiffsdiebstahl allein wäre ihm nie viel passiert.

Apropos Schiffsdieb. Da gab es mal einen Österreicher der klaute so viele Yachten dass sich die Versicherungen ernsthaft überlegten ihm ein Schiff zu schenken damit endlich Ruhe sei. Der hatte wohl auch mal neben mir in Ferragudo in Portugal eine Yacht geklaut. um damit auf die Kanaren zu kommen. Dort klaute er dann Wolfgangs " Bazi" was er ganz clever anstellte. Er empfahl Wolfgang ein gutes Restaurant in den Bergen wo sie sich zum Essen verabredeten. Nur dass Wolfgang dort alleine aß während der Österreicher sein Schiff klaute.

Aber Wolfgang charterte ein Flugzeug und fand sein Schiff auch wirklich auf dem Weg zu den Kap Verden. Dort konnte er es dann wieder in Empfang nehmen. Mit zerrissenen Segeln und kaputter Maschine. Genau wie bei meinem französischen Nachbarn von Ferragudo mit dessen Schiff er zu den Kanaren kam.

Wolfgang lernten wir in Brasilien kennen und verbrachten später viel Zeit auf den ABC Inseln und Venezuela zusammen. Bis ihm die "Bazi" später in Martinique ausbrannte.

Doch zurück zu uns. In Grenada kauften wir von Gregor, ich glaube es ist der Bruder unseres heutigen Bundespräsidenten, einen 8 PS Yamaha Außenborder. Dieser lief klaglos und sehr viel bis heute.

Anschließend dann ging es Mitte Juli wieder nach Isla Margarita. Dort hielten wir uns aber nur zum Einkaufen und tanken auf denn Los Roques lockten. Zuerst aber gings nochmals nach Blanquilla. Dort habe ich vorübergehend meinen guten Ruf verloren.

Das kam wie folgt. Die Guarda Costa dort kontrollierte die Yachten mit einem Jeep von Land aus. Der bekam Plattfuss und Armando der Fahrer wurde bei uns geparkt weil um den Jeep kein Schatten war. Armando hätte gerne kaltes Bier gehabt aber wir hatten ja keinen Kühlschrank. So tranken wir Rum mit Wasser und Armando war schnell beschwipst. Da hatte er dann dieeeee Idee. Ich musste ihn zu allen Yachten in der Umgebung fahren. Dort sagte er dann seinen Spruch oder ich musste ihm dolmetschen. " Schenke mir einen kalten Sechserpack Bier oder ich komme an Bord und mache eine Kontrolle. Ich setzte immer hinzu " Ich bin nur der Fahrer". Die Beute war je nach Nationalität verschieden. Jeder Amerikaner gab seine 6 Bier, jeder Franzose hatte kein Bier und jeder deutschsprachige gab 3. Auf alle Fälle hatten wir genug zusammen.

Dann hatte er noch eine Idee und ließ sich Fische von den Fischern schenken. Ich wusste mittlerweile dass er in dem Lager der Bäcker war und so nahm ich an dass er fürs Lager sammelt. Aber es war ein Geschenk für uns.

Armando, etwa 20 Jahre alt und Sohn eines Wirtes aus Puerto La Cruz, hatte mittlerweile beschlossen bei uns zu bleiben. So musste sein Comandante mit seinen Mannen ihn von Bord tragen als sie spät abends mit dem Ersatzrad zurückkamen.

Und wir mussten noch die halbe Nacht Fisch eindünsten denn 3 schöne große Fische kann man doch nicht verderben lassen, was sie ohne Kuhlschrank ja wären.

Wir sind dann am nächsten Tag nach der Isla Tortuga ausgelaufen. Wir hielten es für besser den die Coast Guard hatte einen sehr schlechten Ruf und man wusste nie was denen alles so einfiel. Der Kommandant eines Küstenwachbootes war sogar namentlich bekannt dass nach seinen Kontrollen immer eine Geldbörse oder ein Foto oder so was fehlte. Insgesamt war mir bei Kontakten mit dem Militär in diesen Ländern nie so recht wohl.

Auf Tortuga trafen wir die "Rosinante" meinen Lehrmeister in Sachen Harpunenfischen. Karl und Libu mit Sohn und Tochter. Diese hatten ihr Schiff in Reutlingen gebaut. Karl und ich waren sogar gleichzeitig im selben Sportverein sind einander aber nie aufgefallen. Kennen gelernt hatten wir uns erst in Französisch Guyana. Wir verbrachten 2 Wochen zusammen mit fischen, lobstern und grillen am Strand.

Dann ging es in einem Übernachttörn nach den Los Roques während "Rosinante" zum Festland ging. Übernachttörn deshalb damit man am Ziel den ganzen Tag Zeit hat die flachen Inseln zu finden und die Riffeinfahrt zu sehen.

Die Los Roques laufen als Naturpark was in Venezuela so viel heißt wie kommerziell/touristisch genutzte Natur. In späteren Jahren verlangten sie dort eine saftige Aufenthaltssteuer. Die Guarda Costa schaute bei ihren Kontrollen auch unter die Yachten ins Wasser ob dort Langustenschalen zu sehen wären. Dagegen half halt eine Entsorgungsrunde mit dem Beiboot. Und im übrigen meldeten die Franzosen immer auf UKW wo das Kontrollboot gerade war.

Aber so in etwa hielt ich mich immer an die Vorschriften und so zogen wir bald weiter auf die Aves. Da war alles erlaubt und eine Coastguard Station gab es nur auf den Aves de Sotavento, den östlichen. Ich halte die Aves von der Unterwasserwelt her sowieso für schöner als die Roques und dort gibt es keinen Rummel und wenig Yachten. Dafür Fisch und Langusten satt.

Die Aves sind Atolle wie in der Südsee und schauen kaum über die Wasseroberfläche hinaus. Entsprechend ist die Anzahl der Wracks auf dem Außenriff. Yachten, Fischerboote, Tanker sogar ein Kriegsschiff. Eines davon wäre uns fast zum Verhängnis geworden. Es sah noch so intakt aus dass wir es erst im letzten Moment als Wrack identifizierten und dass wir schon nahe am Riff waren. In der Vor GPS-Zeit kamen solche Sachen schon mal vor.

Ein Jahr später knallte in der Nähe eine kanadische Yacht aufs Riff. Die einigten sich dann mit einigen Fischern auf einen pauschalen Bergungslohn. Diese gruben dann von innen einen Kanal durchs Riff und zogen die Yacht rein. Wir kamen gerade dazu als sie zum Festland geschleppt wurde. Die Yacht hatte nur ein Loch in der Größe eine Briefbogens. So stabil kann Kunststoff auch sein. Wenn ich da so an die neuen Yachten denke, allen voran Bavaria.

Nach einigen Wochen auf beiden Aves mussten wir zurück denn wir hatten kein Wasser mehr im Tank. Zuerst wollten wir nach Carabelleda dem Hafen von Caracas. Aber als wir von See kommend den Dreck in der Luft über Caracas sahen gingen wir weiter nach Carenero.

Dies ist der Wassersport Hafen von Caracas. Wirklich Tausende von Motorbooten lagern dort in großen Regalen und werden mit Gabelstaplern zu Wasser gebracht. Unter der Woche ist es schön und ruhig dort. Man kann die Kanäle in den Mangroven mit dem Dinghy befahren und die Vögel beobachten die dort brüten. Am Wochenende aber ist es die Hölle. Da kann man sich nicht ins Dinghy getrauen ohne Angst untergebügelt zu werden. Und vom Schiff aus baden geht auch nicht so nahe fahren die Idioten vorbei.

Wir segelten dann längs der Küster zurück nach Puerto La Cruz. Dort waren so ziemlich alle unserer Bekannten und Freunde versammelt und lagen vor der Stadt vor Anker. Zufällig trafen wir dort Franz und Hella von der "Arrowhawk" in der Stadt. Sie waren in Cumana auf der Werft gewesen und hatten das halbe Unterwasserschiff erneuern, d.h. reinschweißen lassen.

Wir ließen unser Schiff in der Obhut von Karl und Libu die neben uns ankerten und fuhren mit dem Sammeltaxi nach Cumana. Von dort dann in mehrtägiger Reise mit der "Arrowhawk" zurück. Dann zogen wir uns auf die Chimanas zurück. Diese Inselgruppe liegt direkt vor Puerto La Cruz und ist fast mit dem Dinghy zu erreichen. Dort nähte ich eine große Sonnenpersenning über das ganze Schiff. Ebenso ließen wir in Puerto La Cruz unsere Anker und Ketten neu verzinken. Dies war damals in der ganzen Karibik die einzige Möglichkeit. Und auch noch sehr preiswert wenn man das Zeug selbst hinbrachte und holte.

Im Dezember gab es in Venezuela immer große Rabatte auf Farben etc. Wir kauften drum alle Farben dort für unseren geplanten Werftaufenthalt in Trinidad wohin wir gleich nach Neujahr aufbrachen.

Zuerst ging es noch nach Pampatar zum ausklarieren und dann der Küste entlang nach Trinidad. Da wir alles segelten, genauer aufkreuzten, dauerte das ein paar Tage. Dabei besuchten wir schöne Ankerplätze der menschenleeren Küste entlang. Damals noch gefahrlos aber schon einige Jahre später wurde dort fast jeder überfallen denn die Kriminalität ist so etwa 2 Jahr später geradezu explodiert.

Einer der Hauptgründe dafür war dass Venezuela auf Druck der Weltbank seine Währung sanieren sollte. Dies machten sie sich dort sehr einfach: die Löhne wurden eingefroren und die Preise freigegeben. So mussten die Menschen stehlen weil sie mit ihrem Lohn nichts mehr kaufen konnten. Wenn man da bedenkt wie gut es hier jedem geht und trotzdem noch das Gejammere hört. Dieses Gejammere hier bei dem Wohlstand ging mir als ich wieder nach Deutschland kam zuerst furchtbar auf die Nerven.