Martinique - Venezuela

 

Martinique ist nach meinem Geschmack so ziemlich die schönste Insel der Karibik. Der Norden ist grün und regenreich, der Süden ist trocken. Es hat, wenn man die Ostküste dazu nimmt, über 100 Ankerplätze aller Art. Dazu die beste Infrastruktur und es gibt alles was man so an Ersatzteilen für eine Yacht braucht. Dazu alles metrisch, was in dieser von den USA infizierten Gegend sehr selten ist. Sonst kostet eine einzelne M 6 Mutter dann 1 US$ weil sie aus den USA kommt und dort angeblich einzeln geprüft werden müssen. Der dort übliche Weg die Konkurrenz zu behindern.

 Briefe und Pakete kommen auch einigermaßen schnell und zuverlässig nach Martinique. Dazu noch vernünftige Telefontarife bei denen eine Minute nach Deutschland nicht gleich über einen Dollar kostet. Und natürlich gibt es dort auch wieder Wein und Bier zu vernünftigen Preisen sowie gutes Brot was man nach einem Aufenthalt auf den ex-englischen Inseln zu schätzen weiß. Und dazu noch das französische Flair.

In dem Maß wie sich dort die Discounter wie Aldi, Lidl & Co breit machten wurde es immer billiger. So dass wir dort später den Löwenanteil unserer Bordvorräte einkauften. In den ersten Jahren taten wir das noch in Venezuela. Aber dort stiegen die Preise und auch die Kriminalität so sehr an dass wir ab 1993 nicht mehr hingingen.

Der einzige Nachteil war dass man eine Yacht bei den Franzosen im Jahr nur 6 Monate nutzen durfte dann musste sie ausreisen, in Zollverschluss gelegt, oder eine Steuer bezahlt werden. Dies gilt aber nur in den Outre Mer Departements, nicht im Mutterland. Da bezahlt man dafür auch keine Mehrwertsteuer.

Uns machte das nicht viel aus wir wollten ja segeln und vor allem die Hurricansaison viel weiter südlich verbringen Hurrican Hugo hatte in Martinique kaum Schäden angerichtet. Wohl aber in Domenica und Guadaloupe. In Domenica warf er einige Kümos ans Ufer und deckte Häuser ab. In Guadaloupe schlug er richtig zu. In der Marina von Point a Pitre war fast jede Yacht beschädigt worden. Viele Häuser waren ganz zerstört oder zumindest das Dach abgedeckt worden. Einmal sah ich ein Dach in einer Wiese liegen das am Stück 300 m weit fortgetragen worden war.

Wir sind gleich in unserem ersten Jahr in Martinique an die Ostküste gegangen. Dort ist etwa die halbe Küstenlängen von einem Barriere Riff geschützt. Die Zufahrten zu einigen Fischerhäfen sind betonnt und befeuert. Aber für die vielen schönen Ankerplätze ist Augennavigation angesagt. Wenn aber dann noch mitten in der Ansteuerung ein kräftiger Regenschauer kommt bei dem man nichts mehr sieht ist das ganz schön nervig. Vor allem in der vor-GPS Zeit. Als ich später dann einen GPS hatte gab ich in solchen Situationen immer eine Mann über Bord Position ein um die ich möglichst enge Kreise zog bis wieder was zu sehen war.

Für Martiniques Ostküste kam später ein exzellenter Führer in französisch und englisch raus. Der war von der Rumdestillerie Trois Rivieres gesponsert. Der hatte zu fast jeder Ansteuerung Zeichnungen mit Peilmarken die man in Deckung halten musste. So in der Art Kirchturm A vor Berggipfel B, oder grünes Kirchendach C mit Insel D davor führt innerhalb von Riff E vorbei. GPS nützte damals noch nicht viel weil die Seekarten nicht GPS genau waren.

So war man dort schön für sich alleine weil sich kaum jemand hintraute und die Charteryachten gar nicht durften. Wir verbrachten im Laufe der Jahre einige Monate an der Ostküste. Leider ist das Wasser immer trübe und Fische gibt es auch kaum. In späteren Jahren nahm der Tagestourismus dann sehr stark zu aber das ging ja immer nur so von 11 bis gegen 15 Uhr. Und war meist sehr interessant und unterhaltsam Anschließend hatte man ja dann die Welt wieder für sich alleine. Und von 13 bis 15 Uhr war ja sowieso Siesta.

So machten wir also 1990 nur einen Abstecher nach Domenica, den Saints und Guadaloupe bevor wir im Juni in Richtung Venezeula starteten.

Dabei besuchten wir auch St. Lucia südlich von Martinique. Es gefiel uns dort nicht sonderlich im Gegensatz zu den meisten anderen Yachtis. Und obwohl wir im Laufe der Jahre noch x mal hinkamen blieb dieser Eindruck erhalten. Es war uns dort einfach zu amerikanisch-touristisch. Aber es lag halt am Weg und Benzin und Diesel kostete nur etwa die Hälfte von Martinique ebenso Früchte und Gemüse sowie einige Lebensmittel. Und vor allem hatte die Werft in Castries Gruben auf dem Gelände. Da konnte man das Schiff darüber stellen und den Kiel ganz rauslassen. Drum strichen wir das Unterwasserschiff mehrmals dort. Und billiger als Martinique war sie auch.

Dort gewöhnten wir uns allerdings auch an Früchte und Gemüse nicht mehr auf dem Markt zu kaufen. Und zwar wegen der "Facetax". Gesichtssteuer heißt, wenn Du mit Deinem weißen Gesicht auf den Markt kommst vervierfachen sich für Dich die Preise. Angeschrieben sind sie dort ja nie. Wenn man sie dann auf die übliche Höhe zurückhandeln will gibt es ein großes Gezeter der Marktweiber. Man wird dann meist übelst als geiziger Weißer beschimpft. So wächst in einem der Rassismus und man geht halt in den Supermarkt wo die Preise angeschrieben sind und für alle gelten.

Das Visum für Venezuela hatten wir uns schon in Martinique in der dortigen Botschaft besorgt. Leider wurde die dann bald geschlossen und in Grenada, dem Absprunghafen, war immer ein sehr starker Andrang.

Wir bummelten durch die Grenadinen nach Grenada und segelten von dort dann über Nacht zu der Inselgruppe der Testigos. Diese gehören schon zu Venezuela und liegen so etwa in der Mitte zwischen Grenada und Isla Margarita.

Dabei hätten wir uns fast zwei anderen deutschen Yachten angeschlossen die die Strecke gemeinsam segeln wollten. Eine davon wurde dann wohl von ihrem Eigner versenkt. Es sah auch für mich sehr nach Versicherungsbetrug aus und in Venezuela hat dann auch ein Agent der Versicherung alle Yachten befragt. Eingefädelt war die Sache perfekt. So 20 SM nach Grenada fällt der Grund steil ab und es wird tief. Dort funkte die Yacht noch mit der vorausfahrenden schnelleren. Wohl um sich zu vergewissern dass der nicht gerade schläft denn es waren beide Einhandsegler. Kurz darauf kam dann der Notruf, dass das Schiff brenne und sinke. Bis der Erste dann zurückkam konnte er nur noch seinen Kollegen aus dem Beiboot retten und bestätigen dass die Yacht brennend unterging. Die Versicherung konnte ihm auch nichts nachweisen aber alle glaubten an Versicherungsbetrug.

Vor den Testigos war uns in einer Bö der Spinnakerbaum gebrochen mit dem wir die Fock ausgebaumt hatten. Da ich wusste dass man auf den Testigos uneinklariert nur 24 Stunden bleiben durfte benutze ich den Schaden um für die Reparatur eine Verlängerung zu beantragen. Die Coast Guard kam dann an Bord um den Schaden zu besichtigen und gab mir für die Reparatur eine Woche.

Repariert war der Spaß dann in 2 Stunden und wir hatten viel Zeit zum tauchen, fischen und auf den Inseln rumzustiefeln. Auf Testigo Grande gab es eine beeindruckende Sanddüne. Ebenso kamen gerade die Schildkröten zur Eiablage. Die Fischer gruben die Eier dann am Morgen wieder aus und verwendeten sie zum Kochen. Finden war kein Problem die Spuren waren ja eindeutig.

Aber dies trägt wohl weniger zum Ausrottung der Schildkröten bei als die Schleppnetzfischerei auf den Flachwasserzonen. Hier vor allem wohl die Krabben Fischerei. Dabei werden die kleinen Schildkröten als Beifang gefangen und sind längst ertrunken ehe die Netze geleert werden. Wenn man dann noch sieht wie so 5 bis 6 Schleppnetz Fischerboote gestaffelt nebeneinander die Flachwassergebiete beackern kann man sich vorstellen wie wenig denen entgeht.

Nachdem unsere Woche um war segelten wir nach Pampatar dem Einklarierungshafen der Isla Margarita. Dort sah ich zum ersten Mal das Agenten für mehr oder weniger viel Geld das Einklarieren übernahmen. Aber da ich ja einigermaßen spanisch konnte machte ich es selber und wurde nett abgefertigt und bekam noch Kaffee. Am Festland in Puerto La Cruz nahmen die Yachten dann aber so zu dass die Behörden gar keine Einzelklarierungen mehr vornahmen.

In Pampatar trafen wir dann Michael und Maria wieder die wir von Portugal und Brasilien her gut kannten. Maria hatte mittlerweile in Trinidad eine Tochter bekommen. So vergingen die ersten Tage mit Erzählen, und seit Brasilien erstmals wieder billigem Bier. Ich war kaufmännisch richtig mit dem letzten Tropfen Diesel nach Venezuela gekommen. Denn so billig wie damals dort gab es ihn nirgends. Er kostete nur unvorstellbare 2 Pfennig der Liter. Als nämlich in Venezuela Erdöl gefunden worden war versprach die Regierung, wohl etwas voreilig, den Treibstoff immer zum Selbstkostenpreis zu verkaufen. Außerdem wurden damals noch viele Sachen subventioniert, selbst Außenbordmotore.

Es wurde allerdings schon darauf geachtet dass Yachten nicht zuviel einkauften. So war z.B. die Ausfuhr von Diesel auf 1000 Liter beschränkt. Ab und an gab es beim Ausklarieren sogar Kontrollen. Bei denen wurde dann alles was zuviel war konfisziert. Aber trotzdem ließen wir uns, allerdings drei Yachten zusammen, das Bier vom Bierlastwagen an den Strand liefern. Strand deshalb weil es in Pampatar zwar alle Behörden aber keinen Kai gab.

So gingen die ersten Tage rum und dann wurde Arthur angesagt. Ein Hurrican der genau über Margarita ziehen sollte. Und ich saß da ohne Diesel zum Auslaufen da und keine Tankstelle war am Ort. Die meisten Yachtis taten gar nichts und vertrauten darauf dass kein Hurrican nach Venezuela kommt. Andere flohen gleich in die Marinas von Puerto La Cruz oder nach Mochima einem Fjord am Festland. Michael schraubte seinen Tank auf und schöpfte mir ein paar Kanister Diesel raus, wir hatten beschlossen nach El Sacco einer gut geschützten Bucht auf der Insel Coche zu gehen. Dies taten wir auch und verankerten unsere Schiffe sehr weit auseinander mit 3 Ankern. Nur um dann festzustellen dass außer etwas Nieselregen nichts passierte.

Aber als Hurrican Glen 2 Wochen später auf genau der gleichen Zugbahn angesagt wurde gingen wir doch nochmals hin und es passierte wieder nichts.

Auf dem Rückweg nach Pampatar ankerten wir auch vor der Insel Cubagua. Diese Insel ist sehr interessant denn sie birgt die Ruinen der ältesten Stadt der Spanier in Südamerika, Nueva Cadiz hieß sie glaube ich. Außerdem gibt es dort Perlenmuscheln und das interessante Wrack einer Autofähre die irgendwann mal in Brand geriet und dann in unmittelbarer Nähe der Insel unterging. Vollbeladen mit Autos, vor allem Lastwagen. Denn Isla Margerita ist Zollausschlussgebiet. So wird viel Ware dorthin gebracht und die Festlandleute kommen zum einkaufen hin. Vor allem Textilien waren sehr billig dort.

Da ich war schon einige Jahre bei keinem Zahnarzt gewesen mehr gewesen war wurde eine Gebiss Sanierung dringend notwendig. Ich konnte nicht mal mehr tauchen und fischen ohne starke Zahnschmerzen. So ließ ich mir dort viele Zähne plombieren und einen überkronen. Die Arbeit war exzellent und die Krone kostete etwa 200 DM.

Unser Beiboot war mittlerweile über 10 Jahre alt und löste sich auf. Darum entschloss ich mich ein Beiboot aus Kunststoff selbst zu bauen. Polyester und Glasmatte war natürlich auch billig. Schönheit war nicht eingeplant denn es wurden sehr viele Dinghys geklaut. Ich dachte ein hässliches wird erst als letztes geklaut. So baute ich nur gut und funktionell und es tat klaglos 14 Jahre lang bei mir und später Timm seinen Dienst. Vor der Überführung der THO nach Holland verschenkten wir es dann in Martinique an Kaktus-Günther.

Wir besuchten dann noch alle Ankerplätze in Margarita und der Insel Blanquilla nördlich davon ehe wir am 20. Januar 1991 nach Martinique ausliefen. Natürlich das Schiff mit allem vollgeladen was wir das nächste halbe Jahr brauchen würden. Einschließlich vieler selbstgemachter Fleischkonserven